Crauss. - der herumtreiber (gelesen vom Autor)

Hördatei: 

der herumtreiber / gehen und warten
Crauss nach motiven von Gaga Nakhutsrishvili

unter freunden trank er keinen tropfen,
erhoffte einen augenblick alleinsein, eins sein
mit dem merkwürdigen bild von sichselbst;
er war einsam unter den freunden, deshalb nahm er die kappe
und ging. als grund gab er an: eine reise. herumtreiber, sagten sie,
als er zehn nach drei
in den morgen hinaus tappte. der laut seines schritts zerstörte
die stille der häuser, junge betrunkene fragte er nach dem weg.
fahl verschienen die laternen,
was sich im himmel abspielte. protest, verquollene beschwerde
über ungegangene wege. er wartete, wünschte sich,
der himmel sei leer. er sah träume wie wunden.

das schlimmste, sagte er sich, sei die erwartung. er liebte einen
und sah seinen wunsch nicht vollendet, denn er wollte sich
nicht offenbaren. identität, himmelsbetrachtung, imaginiertes
 treiben zwischen gewittern. und warten
auf einen, der nicht für ihn da war. er hoffte, einmal eins zu sein
mit dem merkwürdigen bild von sichselbst. er war einsam
unter den freunden, und als er den kopf gegen die scheibe der
s-bahn legte, liebte er nur noch die kate, die er bewohnte:
ein kaff. sein zuhause. das schlimmste
hatte er jetzt überwunden; er wartete ab, dachte für einen
kurzen momentan umkehr, hielt es nicht aus, auf dem fleck zu
sitzen und ging dann im mittleren himmel spazieren.

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