Eda Demir - Liebe Ela (Jugendliche melden sich zu Wort)

Hördatei: 

Liebe Ela,

ich möchte dir sagen, dass es mir gut geht und dass du dir keine Sorgen um mich machen musst. Hier bin ich sicher aufgehoben und bin in Schutz. Ich vermisse dich jetzt schon sehr. Ich weiß auch nicht, wie sie uns das antun konnten. Die Grenze zwischen uns ist sehr weit entfernt. Ich war zu Hause, als das alles passiert ist. Als ich in der Küche war, hörte ich auf einmal einen Schlag und dachte mir, was da draußen wohl passiert ist. Ich ging raus und sah alles verwüstet und zerstört. Ich dachte mir: ‚Nur Krieg.‘ Ich wollte weg von hier und wollte nicht sterben. Dann ging ich wieder rein und habe mir überlegt, ob ich meine Tasche packen soll oder nicht. Dann habe ich meine Entscheidung getroffen und bin geflüchtet, geflüchtet bis zum „Geht nicht mehr“. Der Weg war sehr lang und ich konnte nicht mehr. Ich habe Taxis gesehen und wollte mitfahren, doch ich hatte kein Geld dafür. Ich musste weiterlaufen.
Die Grenze zu Deutschland war noch sehr weit und ich wollte aufgeben, aber ich habe es nicht getan. Ich gebe nicht auf, ich bleibe stark und ziehe diese Sache durch! Denn wenn ich es nicht durchziehe, werde ich in Syrien gefangen und werde nie nach Deutschland kommen, wenn die Route geschlossen wird. Und ich wollte doch so schnell wie möglich zu euch kommen.
Nach ein paar Stunden war ich endlich da. Ich dachte, es wäre einfach, aber war es leider nicht. Erst haben sie meinen Pass kontrolliert und dann in meiner Tasche nachgeguckt, ob da irgendwelche Sachen drin waren, die gefährlich sein könnten. Anschließend musste ich lange auf meinen Pass warten, weil der Kontrolleur so lange mit einem anderen Kontrolleur geredet hat. Ich habe ihn dann angesprochen, dass er mir meinen Pass geben soll. Er war so unfreundlich, dass ich einfach über die Grenze gegangen bin. Doch der Kontrolleur hat mich wieder nach hinten gezogen und mir einen Schrecken eingejagt. Ich habe die ganze Zeit herumgezappelt, dass er mich loslassen soll. Doch er ließ mich nicht los und hat mich in einen Raum eingesperrt. In diesem Moment war ich sehr traurig und konnte nicht mehr. Da hat der Kontrolleur auf einmal den Schlüssel runterfallen lassen, sodass ich drankam. Ich habe mir den Schlüssel geholt und das Schloss aufgemacht. Ich war FREI. Ich habe mir heimlich meinen Pass genommen und bin weitergegangen.
Ich weiß, dass dies eine lange Geschichte ist, und muss jetzt leider meinen Brief beenden,

Deine Eda

Eda Demir (13 Jahre)