Thalia-Anna Hampf - selbstgesprächig (Jugendliche melden sich zu Wort)

Hördatei: 

selbstgesprächig
Thalia-Anna Hampf

In einem ungleichmäßigen Rhythmus wippte mein Fuß immer wieder auf und ab. Ich biss mir von innen auf die Lippe, merkte es jedoch erst, als der Ge-schmack von Eisen sich in meinem Mund ausbreite-te. Die Wände schienen immer näher zu kommen und mir alles wie auf einer Leinwand darzulegen.

„Auf einer Skala von eins bis zehn, wie fühlen Sie sich, wenn …“
„Zehn!“
„Aber ich habe doch noch gar nicht die Frage ge-stellt.“
„Das ist es ja. Wer sagt uns, wann wir worauf zu antworten haben? Antworten sind doch nur dazu da, die Erwartungen des oftmals realen Gegenübers zu erfüllen. Erwartungen, Erwartungen, aber niemals das Wahrhaftige.“
Sein starrer Blick wanderte augenscheinlich der Wand entgegen, doch blickte er in etwas ganz ande-res hinein: Vor ihm lagen Spitzen, ebenso wie welche in seiner Haut steckten. Schmerzen. Schmerzen hätte er spüren sollen, doch waren sie nicht mehr dort. Der anfängliche Hass, die Verzweiflung, welche er gegen-über sich selbst und dem Gesichtslosen empfand, wichen einer depressiven Gleichgültigkeit.
„Also noch einmal, wie fühlen Sie sich, wenn Sie sich zurückerinnern?“
„Ich fühle mich nicht.“

Mein Fuß wippte immer noch. Ich lebte in mir selbst mit vielen anderen meiner selbst. Immer noch warte ich sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich vom Gipfel meiner Emotion herabfalle, nur um in mir selbst zu ertrinken