Lyrik in Bewegung. Gedichte zur Automobilität gesucht (Poesiealbum, www.lyrikgesellschaft)

31. August 2020

 

Einsendungen für die Poesiealbum neu-Ausgabe, die im 1. Halbjahr 2021 erscheinen wird

Beschreibung

Das Auto als Fetisch oder als fahrbaren Untersatz. Am Automobil, das Jahrzehnte als Symbol für Wertarbeit, Ingenieursleistung, Selbstbestimmung und Wohlstands galt, scheiden sich heute die Geister. In der Stadt ist es im Weg, auf dem Land erschließt es den Weg. Wie kein anderes Fortbewegungsmittel trennt das Automobil unsere Gesellschaft. Für Gewalttäter wird es zur Waffe, sei es auf dem Weihnachtsmarkt oder beim Karnevalsumzug, für politisch motivierte Kriminelle zum Objekt der Zerstörung und Brandstiftung.

 

In der alten Bundesrepublik galt lange Zeit der Grundsatz Freie Fahrt für freie Bürger! Eine Verheißung, die nach dem 1. Juli 1990 nicht wenige der Neuwestdeutschen im Osten zu Käufen von Schrottlauben veranlasst hat. Im Einklang mit dem Einzug von Autohäusern verhalf der Aufschwung Ost dann auch zu den tempofreundlichen Straßenverhältnissen und erzeugte den Neid der Brüder & Schwestern, deren Fahrwege nicht die neue Glätte aufwiesen. Inzwischen allerdings sind platzgreifende Privatfahrzeuge zunehmend verpönt. Kirchgemeinden rufen zum Autofasten auf. Schulkinder wenden sich nicht nur freitags von ihren motorisierten Eltern ab und radeln plötzlich zum Klavierunterricht oder zur Tennis-stunde. Gerade noch bis zum Reiterhof vor der Stadt lassen sie sich im Familiengefährt kutschieren. Auf dem Weg zur Nachhilfe  wollen manche von ihnen den Geschwindigkeits-rausch mit dem Fahrrad erleben - ohne Rücksicht auf Verluste.

 

Wie automobil sind Autorinnen und Autoren? Auch das soll das Themenheft beantworten. Sitzen sie hinterm Lenkrad oder nur vor dem Schreibtisch und betrachten vom sogenannten Elfenbeinturm aus die Blechlawine? Nehmen sie Entfernungen mit dem Taxi wie einst Erich Kästner oder sitzen sie in der Tram oder im ICE oder gehören sie zu den neuen E-Roller-fahrern, die Kladde mit ihren Texten im Rucksack oder schon gespeichert auf dem Tablet? Welche Zukunft hat die selbstbestimmte Mobilität? Geht im E-Mobil der Fahrzeug-Sound verloren und muss akustisch eingespielt werden?

 

Verbindungen von Dichtern und Autos sind legendär. Gertrude Stein warb für den Ford.  Edgar Wallace erschrieb sich einen Rolls-Roys. Hermann Hesse posierte gern vor seinem Mercedes. Ebenfalls zu denken ist an Bertolt Brecht, der für einen Vierzeiler mit einem Automobil belohnt wurde und nach einem Unfall damit, in einem weiteren Vierzeiler die Überlebenschancen lobte und ein neues erhielt. Tragisch endete das Leben von Rolf Dieter Brinkmann, der Hymnen auf das Automobil verfasste und dem ausgerechnet in London der Linksverkehr zum Verhängnis wurde, als ihn ein Taxi überfuhr und tödlich verletzte. Passend zur Aufnahmefähigkeit eines Autofahrers äußerte er sich in dem Band »Die Piloten« (1968) über das Gedichteschreiben: »Ich denke, dass das Gedicht die geeignetste Form ist, spontan erfaßte Vorgänge und Bewegungen, eine nur in einem Augenblick sich deutlich zeigende Empfindlichkeit konkret als snap-shot festzuhalten.« Ums Festhalten von Sprache in dieser rasenden Zeit soll es uns gehen. Wie beweglich sind wir im Kopf und auf der Straße?

 

Im Zeitraum 15. März 2020 bis 31. August 2020 (Poststempel) laden wir ein, sich mit bis zu drei Gedichten an unserer Ausschreibung zu beteiligen.

 

Auf dem Postweg können bis zu drei, möglichst bislang unveröffentlichte Gedichte in deutscher Sprache und in 2-facher Ausführung auf je einer eigenen DIN A4-Seite eingereicht werden. Unaufgeforderte Zusendungen per E-Mail werden nicht geöffnet! Die Gedichte sollten eine Gesamtlänge von 35 Zeilen (inklusive Titel, Verfassername, Leerzeilen) nicht überschreiten und dem Layout unserer Zeitschrift entsprechen (Achtung: Zeilenlänge beachten!).

Hinzuzufügen sind eine Kurzvita plus aktueller E-Mail-Adresse, die Erklärung, dass der kostenfreie Abdruck erlaubt wird, und die Zustimmung, dass die persönlichen Daten, die allein für den Zweck der Kommunikation und Registration Verwendung finden und keinesfalls an Dritte weitergegeben werden, gespeichert und für eine Veröffentlichung (Ankündigung) auf unserer Webseite verwendet werden dürfen.

 

Verzichten Sie bitte auf Einsendungen per Einschreiben; wir haben nicht die Kapazität, diese vom Postamt abzuholen.

 

Kommt ein Gedicht für die Veröffentlichung in Betracht, setzt sich das »Poesiealbum neu«-Team mit der Autorin/dem Autor in Verbindung. Rückfragen oder Stellungnahmen zu den Einsendungen können nicht beantwortet bzw. geleistet werden. Sobald der Drucksatz abgeschlossen ist, werden auf der Webseite der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik die Namen der Autorinnen und Autoren veröffentlicht, deren Text in die Ausgabe zum Themenkomplex »Lyrik in Bewegung. Gedichte zur Automobilität« Aufnahme fand. Mit ihrer/seiner Beteiligung an der Ausschreibung stimmt die Einsenderin/der Einsender diesem Verfahren ausdrücklich zu.

 

Jeder Autorin, jeder Autor des Heftes erhält ein Freiexemplar und nimmt mit ihrem/seinem unveröffentlichten Gedicht an der Auswahl für den »Poesiealbum neu«-Preis 2022 teil, der das beste Gedicht des Jahrgangs 2021 prämiert.

 

Im 14. Jahr des Erscheinens der der Zeitschrift »Poesiealbum neu« verlosen wir unter den ersten 14 Einsendern ein Exemplar von »… und habe ich mir denn ein Auto angeschafft. Schriftsteller und Automobile«, ein Text-Foto-Band von Ulf Geyersbach, Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2006.

Kontaktmöglichkeit

Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V.

Gerichtsweg 28

04103 Leipzig

Deutschland

kontakt@lyrikgesellschaft.de