Pauly, Angelika

Autorenbiographie:

Angelika Pauly

1950 in Wuppertal geboren, 8-jähriger Volksschulbesuch, erlernte in der großväterlichen Druckerei den Beruf der Schriftsetzerin und Buchdruckerin, 1977 Fachabitur für Gestaltung auf dem 2. Bildungsweg, Studium der Mathematik an den Universitäten Wuppertal und Hagen (Fernuni).
Schreibt Gedichte, Kurzgeschichten, Dramen, Märchen. Seit 2001 ca 50 Veröffentlichungen in Anthologien, Sachbüchern, Fach- und Literaturzeitschriften und im Rundfunk.

Das Lachen Deiner Augen
Frauenporträts ind Prosa und Lyrik
Herausgeberin Silvana Elisabeth Schneider
Ahlhorn, Geest-Verlag 2003
Band 1
ISBN 3-936389-72-1
12.00 €

Weitere Informationen zur Autorin finden Sie auf der Seite http://home.wtal.de/Angelika_Pauly

 

Eine Krankheit und ihre Schatten: Das Buch "Kieselsteine" von Angelika Pauly

Von Manfred Görges

"Ein Lebensbuch" untertitelt die Autorin Angelika Pauly ihre "Kieselsteine", die jüngst im Geest-Verlag erschienen sind. Ein solches Buch ist es in zweifacher Hinsicht: Rückblick und Appell für den Kampf um das Leben, das Pauly schwere Schicksalsschläge bereitet hat. Sie selbst erkrankte an der Borderline-Persönlichkeitsstörung, ihren Sohn verlor sie durch Suizid.
Das Buch ist keine Erzählung im eigentlichen Sinne, vielmehr eine Sammlung von Schlaglichtern, eben von Kieselsteinen des Lebens, die teils gedichthaft verschlüsselt erscheinen. Tatsächlich schreibt Pauly vorwiegend Poesie, die bereits in vielen Anthologien publiziert wurde.
Die Autorin unternimmt nicht den Versuch, dem Laien ihre Erkrankung zu erklären, was außerhalb eines einer Fachpublikation ein schwieriges Unterfangen wäre. Wer etwa das populärwissenschaftliche Buch "Ich hasse Dich, verlass mich nicht" liest, der wird gar viele Borderline-Symptome beinsich selbst entdecken, mithin in die Irre geführt. Pauly belässt es bei ihren "Kieselsteinen": "Kaum Zugang zu den eigenen Gefühlen haben, verkannte ich die Gefühle meiner Freundin." Die Unfähigkeit, Emotionen zu werten und zu kanalisieren, ist typisch für den Borderliner, dem es auch schwer fällt, Beziehungen zu pflegen. Unbeabsichtigt fügt er anderen und damit sich selbst Leid zu - übrigens oft auch körperliches.
Mit ihren Schlaglichtern ertastet Pauly den Weg zu dieser leidvollen Störung, die bei Therapeuten als schwer behandelbar gilt. Ihr eigener Suizidversuch als Teenager enträtselt sich weder aus Kindheitserlebnissen noch aus Lebensproblemen, sondern erscheint wie ein Experiment. Erst danach treten weitere Symptome der Krankheit auf. Ängste, die bis zur Handlungsunfähigkeit führen, sucht sie mit der Liebe zu ihren Kindern aufzuwiegen. Mit dem Freitod ihres Sohnes belastet das Schicksal auch diesen Versuch des Entrinnens.
Dass Pauly heute das Einfühlungsvermögen besitzt, ihre Leser im Mark zu erschüttern, genau damit also über den Schatten ihrer Krankheit springt, sollte anderen Betroffenen ein Trost sein. Doch nicht nur ihnen sei das Buch empfohlen, das sich vielmehr gerade mit dem abschließenden "Dialog mit einem Toten" als genereller Fingerzeig für das Leben erweist.

Angelika Pauly: Kieselsteine. Ein Lebensbuch, Geest-Verlag. 156 Seiten, 10 Euro

Eine Rezension von Christiane Tilly, Bünde

Angelika Pauly: Kieselsteine. Ein Lebensbuch. Geest Verlag, Vechta-Langförden 2004.
ISBN 3-937844-03-1. 156 Seiten. 10 €.

Die Autorin erzählt ein Leben in Dekaden. Ihr Leben. Indem sie über 250 Einzelsituationen aus ihrer Lebensgeschichte schlaglichtartig beleuchtet, beschreibt sie nicht nur ihre persönlichen Erfahrungen sondern zeichnet auch ein Bild von der Gesellschaft der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts bis zur Gegenwart.

Angelika Pauly lädt die Leser ein, ihr in die Phantasiewelt des Kindes – das sie war – zu folgen. So beispielsweise in einen winzigen Garten ihrer Träume, in dem sich nur ein kleines Mädchen zu bewegen vermag, das einen Kiesweg entlang läuft. Sie lässt den Leser teilhaben an ihrem Besuch auf einem Friedhof mit weißen Kieselsteinen auf den Gräbern. Zuletzt beschreibt sie einen kleinen Garten mit einem Marmorstein in Herzform und Blumen, vor denen Kieselsteine liegen– in dem gerade genug Platz für eine erwachsene Frau ist. Sie nennt ihn ihr „Garten-Grab“. Es ist das Grab ihres eigenen Sohnes.

Die Reihung der biografischen Erfahrungen scheint zunächst zufällig, doch beim Lesen ergeben sich schnell Querverbindungen. So ziehen sich neben dem Motiv der Kieselsteine, die Motive der Angst und der Zeit durch das gesamte Buch. Themen wie Kindheit, Ausbildung und Familie, Erfolge und Scheitern, freudige Erlebnisse und Krisen sind Gegenstand der Autobiografie. Das Erzählte scheint eine Gleichwertigkeit zu bekommen, die den Leser den aktuellen Moment als das Wichtigste erfassen lässt. So verliert auch die ärztliche Diagnose Borderline – die die Autorin irgendwann bekommt – im Blick auf die gesamte Lebensgeschichte ihre Dramatik. Sie bleibt ein Kieselstein in der Biografie, die eine Summe einzelner Erfahrungen ist.

Angelika Pauly hat für das Erzählen ihrer Lebensgeschichte, eine Beobachterrolle gewählt die fast durchgängig ohne Wertung auskommt und in der jeweils der Anteil ihrer Selbst zu berichten scheint, der das Alter der entsprechenden Dekade repräsentiert. Das Buch ist spannend zu lesen. Durch die Aufteilung in kurze Abschnitte, entsteht beim Leser eine Neugier auf den jeweils nächsten Abschnitt. Ein lesenswertes Buch für alle, die nicht nur gerne Autobiografien lesen, sondern sich durch die Lektüre auch anregen lassen wollen, über die eigene Geschichte nachzudenken.

Christiane Tilly, Bünde

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