Roos, Gerhard - Erben verpflichtet - Vorwort des Nds . Ministers für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, und Hans Meinen, Plattdeutschbeauftragter des LK Wesermarsch

Autor: 


 


Gerhard Roos

Erben verpflichtet

Im Gedenken an
Tadeus Bzdurski
und
Wladislaw Klara
Geest-Verlag, Vechta  2012
ISBN 978-3-86685-835-0                                    
124 S., 11 Euro

Grußwort von Björn Thümler,
Niedersächsischer Minister für Wissenschaft
und Kultur

„Erben verpflichtet. Das gilt nicht nur in materieller, sondern auch in historischer Hinsicht und ganz besonders für unsere gemeinsame Erinnerungskultur. Diesen Gedanken führt der Philosoph und Schriftsteller George Santayana sehr treffend aus: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu ver-dammt, sie zu wiederholen."
Genauso wie Santayana warnt Gerhard Roos in seinem Buch vor dem Vergessen, er warnt davor, die Augen vor dem Offensichtlichen zu verschließen. Er warnt davor, die Blechdose mit den Erinnerungen an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wieder zu verschließen, sie einstauben zu lassen oder gar zu entsorgen. In einer Zeit, in der nur noch wenige Zeitzeugen von dem Erlebten berichten können, sind wir alle in der Pflicht uns zu erinnern. Klaudia und Claas nehmen diese Pflicht nicht nur wahr, sondern dienen auch als Vorbilder für eine ganze Generation. Sie hinterfragen, sie klären auf, sie erinnern sich. Sie sind neugierig und nur an der Wahrheit interessiert. Und im Angesicht der brutalen Folgen zweier deutsch-polnischer Liebesbeziehungen während des Krieges schmerzt diese Wahrheit ganz besonders.
Gleichzeitig zeigt das Buch auf wunderbare Weise, wie sehr sich unser Land verändert hat. Es entsteht ganz zufällig eine deutsch-polnische Liebesgeschichte, die selbstverständlicher nicht sein könnte. Für diese Selbstverständlichkeit, das macht Gerhard Roos auf eindrucksvolle Weise deutlich, lohnt es sich zu kämpfen, oder besser: zu erinnern.“

Grußwort von Hans Meinen,
Plattdeutschbeauftragter
des Landkreises Wesermarsch

Warum schreibt der Plattdeutschbeauftragte des Landkreises Wesermarsch für ein Buch mit hochdeut-schem Text ein Grußwort? Eine berechtigte Frage?
Mit „Arven verplicht“ hett Gerhard Roos up Hochdüütsch een Book vörleggt, wat jüst uk de Plattdüütschen partuut lesen schulln. He verarbeid in dit Vertellen een Vörfall, de ümmer noch een Schadden ut vergahn Tieden up us Alldag in de Wersermarsch van vandaag smitt.
An‘n 25. Januar 1945 wurd dat KZ Auschwitz befreet. Daaran wurd in Bunnesdag in Januar 2021 mit een Fier dacht. Twee Reden weern van besünner Bedüden. Charlotte Knobloch, de dat Grusen in een KZ as jung Deern överleevt, hett mit ehr ganz persönlich Vertellen över disse Tied klaarmaakt, dat wi mit disse Geschicht nich an‘n Enn sünd.
Wat hett se seggt? De jungen Lüü van vandaag hebbt sik nich schüllig maakt, aver se drägt Verantwoorden daarför, dat sowat nich noch maal passeert. Un de junge Froo, Marina Weisband, hett in ehr Reed ver-düütlicht, dat dat för Jöden in us Gesellskupp ümmer noch mit Angst verbunnen is, sik as Jööd up de Straat to wiesen.
Aver uk dit is van Bedüden: Siet 1955 sünd Gastarbeider ahn Enn na us kamen, sünd Minschen ut Länner mit Krieg un Elend na Düütschland flücht un hebbt ver¬söcht, bi us een nee Heimaat to finnen. Bi veel van disse Minschen hett dat klappt. Man ümmer noch gifft dat uk Hass un Aflehnen tegen disse Min-schen. Dat mött anners weern, daaran mööt wi arbeiden.
Wat hett dat mit dit Book to doon? – Dat Schicksaal van twee jung polnisch Dwangsarbeider, Tadeus Bzurski un Wladislaw Klara, de van Nazis bi Schwei in de Gemeend Stadland uphungen wurrn, is de historisch Achtergrund för dit Book. Ehr Verbreken? Se harrn sik in düütsche Deerns verleevt un wurrn anzeigt.
Een Tiedtügen, de as Jung van acht Jahr bi een Verhöör van de beiden mit dr‘bi weer, weet, dat daarbi uk Platt schnackt wurr. - Uk wi Plattdüütschen drägt Ver-antworden för dat, wat in disse Tied passeert is.
Ümmer noch gifft dat in Schwei kien Steed, wo mit Wüürd an dit Verbreken erinnert ward. Ik wurr mi wünschen, dat de Gemeendraad, villicht tosamen mit de Kark, dat nu bold up de Reeg kriggt.
Un dit Book kann een Bidrag van Bedüden leisten, nich tolest uk daardör, dat dat van veel jung Lüüd in de Schooln in de Wersermarsch lesen ward.
As Plattdüütschbeupdragte wull ik mit Stütt un Stöön daarto bidrägen, dat dit Book ünner de Lüü kummt.

Inhalt

Claas Hinrichs erbt nicht nur das Anwesen seiner Großmutter sondern auch ein rätselhaftes Dokument in fremder Sprache. Es findet sich ein Weg zur Übersetzung, die Claas als Auftrag versteht, die Lebensgeschichten zweier polnischer Zwangsarbeiter und die zweier junger Pflichtjahrmädchen der Nazizeit aufzuarbeiten und womöglich Verwandte aufzusuchen. Das verschafft ihm und den Lesern erschreckende Ein-blicke in die Zeit der ersten Jahre des Zweiten Weltkrieges.
Sein persönliches Schicksal und das einiger seiner Zeitgenossen zeigt sich überraschend intensiv mit diesen vier Menschen verknüpft. Auch gegenwärtige Ereignisse werden von diesen eindrücklichen Lebensgeschichten stark geprägt.

Gerhard Roos, Jahrgang 1943, ist Pfarrer im Ruhe-stand und lebt seit zwanzig Jahren in einem Dorf in der Wesermarsch. Dort gibt es eine Gedenktafel für zwei von Bürgern denunzierte und von den Nazis wegen „Rassenschande“ hingerichteten polnischen jungen Männern. Anlass dieser Erzählung mit fiktiven Personen ist der Wunsch des Autors, diesen wenig bekannten, aber auch allen polnischen Zwangsar-beitern sowie den jungen dienstverpflichteten Menschen einer rassistischen Epoche ein ehrendes Gedenken zu erhalten - auch als Mahnung vor erstarkendem Nationalismus.