Gemeinde Berne übergibt am Samstag, den 8.12. in einer öffentlichen Feierstunde die Stele zum Gedenken an die jüdischen Familien in Berne, die im Nationalsozialismus ausgegrenzt, entrechtet,vertrieben und ermordet wurden


 


Am Samstag, dem 8. Dezember, ist es soweit: Die Gemeinde Berne wird die von dem Künstler Raymon E. Müller (Jade) entworfene und geplante Stele zum Gedenken -- Zitat Namenstafel: --  „an die jüdischen Familien in Berne, die im Nationalsozialismus ausgegrenzt, entrechtet,vertrieben und ermordet wurden", in einer öffentlichen Feierstunde ihrer Bestimmung übergeben. Die Feierstunde findet statt vor dem neuen Berner Rathaus. Dort wird die Stele im Bereich der Parkplätze, gegenüber dem Seiteneingang zum großen Saal des Gasthauses Schütte,  für die nächsten vier, fünf Jahre ihren Platz finden, bevor sie im Zuge der Ortskernsanierung auf den dann völlig neu hergerichteten sogenannten „Harmsen-Platz" umziehen kann. Das Provisorium, um das es sich bei dem Platz vor dem Rathaus somit handelt, hat die Zustimmung von Verwaltung, Rat und aller sonstigen Beteiligten gefunden. „Es ist ein prominenter, würdiger Platz in der Mitte unserer Gemeinde", freut sich Bürgermeister Hartmut Schierenstedt, „Direkt im Bereich des Rathauseingangs, gut einsehbar für Passanten sowohl vom Breithof her wie auch vom Bahnhof aus."

Zu dem um 10 Uhr beginnenden Festakt sind alle Interessierten vom Veranstalter, der Gemeinde Berne, herzlich eingeladen. Ihre Teilnahme haben zugesagt Marina Jalowaja (Bad Nenndorf), die Stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen KdÖR -- die ehemalige Moskauer Rechtsanwältin ist Trägerin des Niedersächsischen Integratiosnpreises -- , Bodo Riethmüller, der Friedhofsbeauftragte des Landesverbandes, sowie mehrere Nachfahren ehemaliger Berner Juden, darunter der aus den USA angereiste Ernest Koopmann. Die Politik wird mit Björn Thümler, dem Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, Thomas Brückner, dem Landrat des Landkreises Wesermarsch, und  der dort tätigen Gleichstellungsbeauftragten Ursula Bernhold sowie dem Berner Bürgermeister Hartmut Schierenstedt und Angehörigen des Berner Gemeinderats vertreten sein. Auch die an der Herstellung der Stele Beteiligten, Handwerker wie Spender, werden anwesend sein, etwa Raymon E. Müller als Künstler und Planer oder der Braker Metallbauer Walter Tapken. Schließlich werden Vertreter der Oberschule Berne, die seit langen Jahren die Gedenkkultur aktiv fördert, zum Beispiel durch eine Patenschaft für den Jüdischen Friedhof in Berne, die Feierstunde besuchen.

Bei der Stele handelt sich im Kern um einen 250 cm hohen Betonquader, an dessen Sichtseite von oben ein ca. 200 cm langes, nach unten spitz zulaufendes Segmentstück weggeschnitten scheint. Dieses „Bruchstück" findet sich mit der Spitze zum Boden an den Korpus -- quasi in Armhöhe -- gelehnt. Die Anmutung eines schmerzlichen Verlustes, die Empfindung, dass hier etwas Wesentliches weggebrochen sei, wird sofort augenfällig; eben das entspricht den Zielen des Künstlers Müller. Schwierigkeiten bei der Ausführung mit Sichtbeton, die eigentlich als Endzustand geplant war, machten eine Ummantelung des Betonkörpers mit Stahl erforderlich. Björn Thümler, der das Stelenprojekt von Beginn an unterstützte, engagierte sich mit Erfolg für eine finanzierbare Lösung. Die Braker Firma Meinardus und Tapken führte diese Arbeiten bei Deckung der Materialkosten aus Spendengeldern von hauptsächlich Berner Spendern im übrigen unentgeltlich aus. In gleicher Weise übernahm die Elsflether Werft die Herstellung der an die Stele anzubringenden Tafel mit den Namen der damals in Berne lebenden jüdischen Familien. Die zugrundeliegende Namensliste wurde durch Ursula Bernhold und Almuth Setje-Eilers in teils aufwendiger Archivarbeit nebst In- wie Auslandsrecherchen bei den Nachfahren der Opfer  ermittelt; beide haben darüber eine Dokumentation erstellt.

2018, 75 Jahre nachdem die Berner Bürgerin Ida Koopmann im Konzentrationslager Theresienstadt umkam, 73 Jahre, nachdem ihre Mitbürgerin Ella Türk aus  Theresienstadt befreit worden war, hat die Gemeinde Berne damit neben dem Jüdischen Friedhof mit seinem neuen Tor und neben der Gedenktafel am ehemaligen Synagogengebäude einen dritten  Ort, der zur kritischen Befassung mit der Nazizeit und zum würdigen Gedenken an die jüdischen Opfer einlädt. Dass die Stele sich als ein Produkt des Ineinanderwirkens zivilgesellschaftlichen Engagements, politischen Zuspruchs und aktiver Förderung von Rat und Gemeinde darstellt, und dass die Berner Bevölkerung der Erinerungsarbeit positiv gegenübersteht, bedarf durchaus der Erwähnung.

Das Projekt eines Gedenk-Mals für die Berner Juden geht zurück auf einen im Rahmen der Berner Bücherwochen am 11.11.2014 veranstalteten Vortrag von Bernhold und Setje-Eilers über das Schicksal der jüdischen Berner Familie Koopmann. RAymon E. Müller, der als Gast ebenso anwesend war wie Ernest Koopmann und Bodo Riethmüller, entwickelte daraufhin die Idee „seiner" Stele. Gemeinsam mit Bücherwochen-Organisator Reinhard Rakow trug er diese Idee im Juni 2015 auf einer öffentlichen Sitzung des Bauausschusses vor. Als sich eine Zustimmung von Gemeinderat und Verwaltung abzeichneten, erstellte Müller erste Ausführungspläne, berechnete Materialien, assistierte bei der Ausführung, kümmerte sich -- Künstler, Planer und „Mädchen für alles" in Personalunion -- während der gesamten Dauer noch um das kleinste Detail, und zwar, weil ihm die Berner Gedenkstele von Anfang an ein Herzensanliegen war, all dies unentgeltlich.

Dass auch der Gemeinde selbst das Stelenprojekt ein besonderes Anliegen ist, erweist nicht nur der „Sahne"-Platz vor dem Rathaus, den sie der Stele zugedacht hat, sondern auch das Handling der Aufstellung. Für den fast anderthalb Tonnen schweren Drumm wurde dank Fürsprache des in Bausachen nicht eben unkundigen Bürgermeisters Schierenstedt rasch ein passendes Fundament samt fachmännischer Arretierung vorbereitet, und Ehefrau Birgit Schierenstedt ließ es sich nicht nehmen, für die Stele eigenhändig jene Hülle zu nähen, von der das Kunstwerk zum Höhepunkt des Festakts am 08.12. dann höchstoffiziell und feierlich befreit werden wird.

 

veranstaltungsdatum: 

8. Dezember 2018

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