In Arbeit - Gottfried Meinhold - Prag Mitte Transit

Gottfried Meinhold

Prag Mitte Transit

Roman

Geest-Verlag, Vechta-Langförden, 2008

ca. 600 S.

ISBN 978-3-86685-135-1

20 Euro

 

 

August 1968: Einmarsch der Truppen der Sowjetunion und
anderer Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei, um der politischen
Bewegung des „Prager Frühlings" ein gewaltsames Ende zu bereiten.

Für Eckard, Dozent an einer ostdeutschen Universität, seine
Frau Edith und ihre Freunde Pierre, dessen Frau Katharina, den jungen
Historiker Wolf und andere, die sich trotz wachsenden Drucks des DDR-Staates
gegen jede politische Opposition zu wehren suchen, bedeutet dies die
Vernichtung letzter Hoffnung auf freiheitliche Entwicklungen in den
sozialistischen Diktaturen Mittel- und Osteuropas. Die erhellende
Wechselseitigkeit von Freiheit durch Wahrheit und Wahrheit durch Freiheit war
für sie alle in Prag greifbar gewesen. Im Herbst 1968 befreunden sich Eckard
und Edith mit Václav Kohout, einem jungen tschechischen Germanisten, der bei
dieser Gelegenheit seine zukünftige Frau Helgard, eine Kollegin von Eckard,
kennen lernt und später heiratet. Václav ahnt nicht, dass Helgard als IM Monika
auch über seine politische Gesinnung denunzierend berichtet hat. Eine Wahrheit,
die auch Eckhard und Edith erst 25 Jahre später entsetzt erfahren.

Auf verschiedenen Erzählebenen führt der Autor uns durch
das Leben der Protagonisten bis in die aktuelle Wirklichkeit. Im Epilog erscheint
der politische Umbruch von 1989 mit dem Ende der Diktatur wie eine Krönung des
Widerstandes von 1968. Prag als geschichtsträchtiger Ort europäischer -
geistiger und existenzieller - Mitte wird im Romangeschehen immer wieder ins
Bild gesetzt, vermittelt zudem als Erlebnisraum zwischen den Erzählebenen der
Zeitläufte nach 1968. Das magische Milieu der Stadt öffnet - nicht zuletzt
durch die Präsenz von Kafkas Texten und Lebensspur - eine Bühne der Surrealität
und überzeitlichen Absurdität: Sie findet ihre besondere Kristallisation auf
der den ganzen Text überlagernden Ebene der Gleichnisse vom fiktiven Volk der
Kaskadier. Diese kleinen Texte bewirken nicht nur eine Bindung zwischen den
gebrochenen Erzählsträngen einzelner Episoden, sie verschaffen dem Leser zugleich
Zwischenräume für zeitgeschichtliches Reflektieren.

Der Roman Meinholds stellt ein Formexperiment dar, das
die geschichtliche Neugier des Lesers für ein einzigartiges, hochdramatisches
wie folgenreiches Geschehen im Zentrum des 20. Jahrhunderts wach hält.

 

 

Gottfried Meinhold

 

1936 in Erfurt geboren, dort Schulbesuch, Abitur und
Lehrerstudium am Pädagogischen Institut. 1959 Examen als Dipl.-Phil. an der
Universität Jena, 1964 Promotion an der Humboldt-Universität Berlin. Ab 1964
Tätigkeit an der Universität Jena; 1968 Habilitation, 1971 Dozent für Phonetik
und Sprechwissenschaft; 1985 a. o. Prof.; 1990-93 Prorektor, 1993 Lehrstuhl für
Phonetik und Sprechwissenschaft, 2001 Eintritt in den Ruhestand. Zahlreiche
fachwissenschaftliche und literarische Publikationen.