Berner Bücherwochen: Vorbericht über die Lesung von Margarte Wempen am 14. November in Kückens Seniorenheim in der NWZ

Was Marie nicht wissen durfte
Berner Bücherwochen Margarete Wempen erinnert sich an das
Kriegsende


Die Autorin hat ihr erstes
hochdeutsches Werk verfasst. Sie liest die Kurzgeschichte am 14. November
im Seniorenheim vor.
Von Jan
Lehmann

Berne/Ocholt -
Margarete Wempen kann viel erzählen. Und das, was sie bewegt, schreibt sie
manchmal in plattdeutschen Gedichten oder plattdeutscher Prosa nieder.
Über ein Thema hat sie aber bislang noch nicht geschrieben: Die Zeit
zwischen Krieg und Frieden, die sie in Ocholt bei Westerstede erlebt
hat.
Die Berner Bücherwochen vom 31. Oktober bis zum 23. November waren
für sie Anlass, wieder zur Feder zu greifen. Erstmals verfasste sie eine
Kurzgeschichte auf Hochdeutsch. Wer die Geschichte liest, spürt schon bald
einen Kloß im Hals, wenn er sich in die Lage der zwölfjährigen Marie
hinein versetzt. Voller Widersprüche sind ihre Erlebnisse in der Zeit
zwischen Krieg und Frieden. Das Mädchen erfährt zu wenig und ahnt zu viel,
darf nicht fragen. "Ja, es sind meine eigenen Erlebnisse", bekennt die
77-jährige Landwirtsfrau, und es klingt, als gehe es ihr besser, nachdem
es auf dem Papier steht.
Als der Krieg zu Ende geht, lebt sie - wie
heute noch - auf dem elterlichen Bauernhof. Die kanadischen Truppen rücken
vor; immer häufiger gibt es Luftangriffe. "Die haben wirklich geschossen.
Wenn man auf dem Rad unterwegs war, musste man sofort abspringen und sich
in den Graben werfen." Einmal erlebt sie sogar einen Angriff, als sie
sonntags gerade auf dem Weg zur Kirche ist.
Aber die braunen Machthaber
versuchen, eine andere Welt vorzugaukeln. Jungmädel Margarete und ihre
Freunde müssen sich in einem Ocholter Saal Propagandafilme ansehen. Die
Vorführung wird wegen eines Luftangriffs abgebrochen, die jungen Zuschauer
flüchten in den Bahnhofstunnel.
Die Zweifel am politischen System groß.
Dazu tragen auch weitere Erlebnisse bei. Und über die erzählt Magarete
Wempen in ihrer Kurzgeschichte: Über den Blockleiter, der ihrer Familie
untersagt, Zwangsarbeiter am Familientisch speisen zu lassen, über einen
Güterzug, aus dem durstende Kinder die dünnen Ärmchen strecken und über
die beiden Deserteure, die auf dem Hof übernachten und von der
Feldgendarmerie abgeholt werden.
Margarete Wempen, Mutter von drei
Kindern, war 15 Jahre lang im Schuldienst tätig und arbeitet heute in der
Seniorenbetreuung ihrer Kirchengemeinde. Am 14. November liest sie ab 20
Uhr ihren autobiografischen Bericht in Kückens Seniorenheim vor. Weitere
Informationen gibt es bei Reinhard Rakow unter 04406/920046 oder bei Karin
Logemann unter 04406/ 6283.