In der Bindung: Anthologie zu den Berner Bücherwochen, Holger Küls und Artur Nickel


 

 

Reinhard Rakow (Hrsg.)
MENSCH SEIN,
HERZ HABEN,
SICH EMPÖREN!
Anthologie
zu den 8. Berner Bücherwochen
Geest-Verlag, Vechta 2021

ISBN 978-3-86685-861-9
ca. 580 S., 16,- Euro

 

 

ERICH MÜHSAM
(6. April 1878 –
10. Juli 1934)
„Mensch sein, Herz haben, sich empören!“: drei For-derungen, die wesentlich sind nicht nur in seinem Aufsatz „Appell an den Geist“, sondern für das gesamte Leben und Werk des 1934 von den Nazis er-mordeten Schriftstellers Erich Mühsam. Mühsam war Menschenfreund, Querkopf, Schriftsteller, Dichter, Herausgeber, Redakteur, Kabarettist, Bohèmien und Anarchist. Sperrig, in keine Schublade passend, durchdringen sich bei Mühsam die verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit und seines politischen und literarischen Tuns auf einzigartige Weise.

Früh bekannte er sich zum Prinzip der Verweigerung: „Nolo will ich mich nennen – nolo: Ich will nicht! Nein, ich will in der Tat nicht! Nein, ich will nicht mehr all die unnötigen Leiden sehn, deren die Welt so übervoll ist; mich all den Torheiten fügen, die uns die Freude rauben und das Glück; in all den Ketten hängen, die unsere Füße hindern auszuschreiten und unsere Hände zuzugreifen. Ich will nicht mehr mit ansehen, wie ungerecht und chaotisch des Lebens höchste Güter – Kunst und Wissen, Arbeit und Genuss, Liebe und Erkenntnis – verstreut liegen. Ich will nicht mehr – nolo!“ (1902, in der Zeitschrift „Der ar-me Teufel“), zeitlebens zur Maxime der Unbeugsamkeit. In seinem während der Haft verfassten Gedicht-band „Brennende Erde“ finden sich die Zeilen:
„Ich hab‘s mein Lebtag nicht gelernt,
mich fremdem Zwang zu fügen.
Jetzt haben sie mich einkasernt,
von Heim und Weib und Werk entfernt.
Doch ob sie mich erschlügen: Sich fügen heißt lügen!“

Pazifistisch, links, jüdisch: das war zu viel für die Nazis. Als sie 1933 an die Macht kamen, verhafteten sie ihn noch in der Nacht des Reichstagsbrandes in Berlin. Die SS-Wachmannschaft des KZ Oranienburg ermordete ihn nach monatelanger Folter.

Die Titel der drei Anthologien der Achten Berner Bücherwochen sind Mühsams Texten entnommen. Im Rahmen des Bücherwochen-Begleitprogramms wer-den auch – mit den Referenten Ulrike Migdal und Markus Liske – zwei Vorträge zu Erich Mühsam an-geboten. Damit wollen die Berner Bücherwochen ihren Beitrag leisten zur Wiederbefassung mit einer historischen Persönlichkeit, wie wir sie mit deren Aufrichtigkeit, analytischer Schärfe, Begeisterungsfähigkeit, Herzenswärme und Menschenliebe heute bisweilen schmerzlich vermissen.

Die in der Anthologie vertretenen AutorInnen:

Anne Abelein, Silke Abendschein, Arne Arngast, Wolfgang Asche, Andrea Balnat, Thomas Bartsch, Janine Baruschke, Franziska Bauer, Katharina Bauer, Heinrich Beindorf, Silvia Berger, Susy Bergmann, Helmut Blepp, Rolf Blessing, Jonathan Böttcher, Sabine Brandl, Natalia Breininger, Olaf Bröcker, Norbert Büttner, Tina Cakara, Nicoleta Craita Ten‘o, Julia de Boor, Steffen M. Diebold, Detmar Dirks, Frederik Durczok, Steffi Endemann, Wiebke Endres, Patricia Falkenburg, Markus Fegers, Bengt Früchtenicht, Mateusz Gawlik, Agnes Gerstenberg, Ulf Großmann, Norbert Harms, Verena Hopp, Erika Huppert, Hannelore Imsande, David Jacobs, Stefanie Jerg, Marlies Kalbhenn, Thomas Keller, Christine Kitzinger, Cornelia Koepsell, Katharina Körting, Thomas Krause, Luzian Krautstein, Monika Kühn, Margret Küllmar, Klaus Ledebur, Angelika Lichteneber, Hans-Hermann Mahnken, Jos F. Mehrings, Hans Meinen, Ulrike Migdal, Christian Müller, Miklos Muhi, Sabine Näckel, Alfred H. M. Nehring, Artur Nickel, Lisa F. Oesterheld, Manuela Pfann, Jürgen Quadfasel, Leonie Rauth, Kathrin Reimer, Antonia Reissner, Renate Maria Riehemann, Yaka Saine, Ines Schepker, Laura Schiele, Sonja Schirmer,  Clemens Schittko, Erika Schmidt, Sigune Schnabel, Eva Schönherr, Jenny Schon, Angela Schwarz, Vanja Simeonova, Georg Skrypzak, Anke Stroman, Christa Thiekötter, Anja Rosa Thöming, Daniel Thüroff, Nina Tröger, Ruth Tüscher, Irene Ullrich-Leimbach, Olaf Urban-Rühmeier, Wolfgang Uster, Wolfgang Weinlechner, Detlef Wendt, Ulrike Wieters-Wilcke, Jens Wohlkopf, Marina Zander

+++++++++++++++++++++


 

Holger Küls






 

Kumulus aus Nordwest
Gedichte
mit einem Nachwort
von Hans Georg Bulla
Geest-Verlag, Vechta 2021

ISBN 978-3-86685-858-9

96 S., 11 Euro

„Die so niedergeschriebenen, in lyrische Formen gebrachten Wahrnehmungen und Beobachtungen, Erinnerungen, Erfah-rungen und Reflexionen können einer Leserin und einem Leser dabei helfen, sich in dieser Welt zurechtzufinden, wenn sie denn sich auf den Kompaß der Poesie einlassen wollen.“
(aus dem Nachwort von Hans Georg Bulla)


Verweilen

Die Straße durchs Dorf,
alles ruhig, nur zwei Hunde auf Streife,
in der Mitte der Friedhof,
drumherum Felder,  
über allem ein Milan.

Eine Frau fegt den Gehweg.
Schützenbrüder tagen bierselig
auf Gartenstühlen.
Auf der Mauer sitzt ein Junge,
lässt seine Beine baumeln.

 

Der Verdener Autor, der im Bereich der Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte tätig und durch fachliche Publikationen bekannt geworden ist, hat 2016 im Geest-Verlag seinen vielbeachteten ersten Gedichtband „Die letzten Tage schon“ veröffentlicht. Zudem ist er mit seiner Lyrik in verschiedenen Anthologien, Literaturzeitschriften und auf Lesungen vertreten. 

 +++++++++++++++++++


 


 

artur nickel

persektiven

wechsel

gedichte

grafiken:

miriam Bornewasser

Geest-Verlag 2021

ISBN 978-3-86685-856-5
124 S., 14,80 Euro


artur nickel
autor (lyrik, prosa), lehrer, literaturvermittler.
geboren 1955 in marburg/lahn, lebt seit 1986 im ruhrgebiet.

miriam bornewasser
autorin (lyrik), künstlerin, studentin.
geboren 1999 in friesoythe, studiert in düsseldorf

 

 

Der neue Gedichtband von Artur Nickel, der für seine literarische Arbeit mit Jugendlichen bei der Premiere des Bandes den Literaturthaler des Literarturrats NRW erhält, geht nun in Arbeit. Die junge Grafikerin und Lyrikerin Miriam Bornewasser hat den Band grafisch gestaltet.

Als kleinen Vorgeschmack auf den Band, hier der Nachwort-Dialog von Autor und Grafikerin:

nachworte

a.n.:
es ist ein wagnis, wenn zwei künstler aus unterschiedlichen metiers sich zusammentun und beschließen, die jeweiligen möglichkeiten ihrer kunst zu nutzen, um etwas gemeinsames zu schaffen. oder?

m.b.:
ja, neben der möglichkeit neuen ansätzen zu begegnen und inspiration zu finden, kann es natürlich auch zu frustration oder enttäuschung kommen, wenn grenzen überschritten werden. für mich war es sehr interessant, in ein projekt einzusteigen, das schon so weit entwickelt war. ich konnte also sowohl auf einzelne texte, als auch das gesamtkonzept reagieren. wie war das denn für dich, plötzlich reaktionen (die ja immer auch interpretationen sind) auf deine gedichte zu sehen?

a.n.:
herzklopfen hatte ich, als unsere zusammenarbeit begann. wer weiß schon, was passiert, wenn zwei so unterschiedliche menschen mit ihren vorstellungen zusammentreffen! für mich war es von anfang an ein überschreiten von grenzen. aber: nur wenn man sich öffnet, und das ist ein solches überschreiten, kann man einander begegnen. das war für mich ein spannender prozess mit so manchem aha-effekt. er hat mich in bewegung gesetzt und bewegt mich noch immer. bei einzelnen gedichten, aber auch insgesamt. und dann gab es auch noch den moment, als deine grafiken poetische impulse setzten, die wiederum ihre spuren hinterließen. auch in diesem band. das war und ist sehr schön. und du? wie ist es bei dir?

m.b.:
auch für mich hat dieses gemeinsame arbeiten sehr viel bewegt. es war ein prozess bei dem ich als noch junge künstlerin sehr viel lernen konnte. durch die corona-pandemie ist es im moment schwierig, an gemeinsamen projekten zu arbeiten und miteinander ins gespräch zu kommen, aber ich denke doch, dass uns das in diesem buch gelungen ist. und ich freue mich, dieses werk nun an die leserschaft übergeben zu können, und hoffe, dass SIE, liebe
leserinnen und leser, auch durch die gedichte, bilder und ihr zusammenspiel bewegt werden.

a.n.:
diesem wunsch schließe ich mich an. denn auf diese weise setzen SIE unser gespräch fort. von begegnung zu begegnung. und zwischen den künsten.

miriam bornewasser
artur nickel