'Der Protestant' empfiehlt Detmar Linkes Buch 'Bedrohter Alltag' zur Lektüre - Spannend wie ein Krimi

AUSGABE 57 · OKTOBER/NOVEMBER 2016 · BONN und die REGION
Evangelische Einblicke


Seite 6
Oktober 2016
PRO
TESTANT
Foto: Joachim Gerhardt
Lesezeit
PROtestant-Tipps zur Lektüre mit Sinn und Verstand

Spannend wie ein Krimi

Dieses Buch ist ein wirksames Mittel
gegen jede nostalgische Erinnerung an
die DDR: Anhand konkreter Beispiele
und überprüfbarer Belege aus den
Akten des »MfS« belegt Dietmar
Linke, wie er als Pfarrer überwacht,
verleumdet, eingeschüchtert, drangsa-
liert und schließlich zur Ausbürge -
rung gedrängt wurde. Der Aufwand,
den der realexistierende Sozialismus
betrieben hat, um den Kirchenmann
und Pazifisten kleinzukriegen, ist
absurd. »Wahnsinn«, denkt sich der
im Westen aufgewachsene Leser: »Die
Klischees über die Abgründe der DDR
waren also nicht übertrieben!«
Man lernt etwas über den Men -
schen: Einige sind als Verräter schuldig
geworden, um kleiner Vor teile willen.
Andere handelten aus echter Über -
zeugung, getrieben vom Wunsch, das
System der DDR vor »Staatsfeinden«
wie Pfarrer Linke zu schützen. Das
Buch zeugt aber auch vom mutigen
Engagement engagierter Christinnen
und Christen in der DDR für den
Frieden. Solche Men schen haben den
Grund bereitet für den Mauerfall
1989. Dass die Kirche auf beiden
Seiten der Demarkationslinie nicht
immer eine glanzvolle Rolle gespielt
hat, wird nicht verheimlicht. Doch –
gottlob! – gab es immer ein paar auf-
rechte Vertreter der Institution.
Schließlich erzählt »Bedrohter
Alltag« ganz nebenbei, ohne es über-
haupt zu thematisieren, von der star-
ken Liebe der Eheleute Barbe Maria
und Dietmar Linke, die alle Krisen
gemeinsam durchgestanden haben.
Empfehlenswert für Zeitgenossen und
Nachgeborene!

Georg Schwikart

Dietmar Linke: Bedrohter Alltag – Als
Pfarrer
im Fokus des MfS, Geest-Verlag
2015, 496 S., 16,80 €