Die Rheinpfalz rezensiert begeistert Thomas M. Meyer-Zwiesam, Geest-Verlag 2007

Doppelte Regenbögen und Alltags-Sedimente

Der
Nordpfälzer Autor Thomas M. Mayr sondiert in seinem neuem Gedichtband
„Zwiesam" die Verhältnisse des Zusammenlebens


Von Thomas Behnke

„Zwiesam" heißt der neue Gedicht­band von Thomas M. Mayr. Auf be­schädigte Zweisamkeit spielt das Wort an, auf Risse im
Miteinander, die als Thema in der Kapitelfolge „Einsam", „Zweisam",
„Zwiesam". „Dreisam", „und dann?" die Mitte halten und, durch
den Buchtitel betont, gleichsam in den Mittelpunkt rücken.

„Du hast mein Wort/ Als Wimpel ans Firmament/ gehißt//Nun ziehen Wolken auf//Im Wellenspiel/ der Spra­che/
raffen wir die Segel", macht das Eingangsgedicht des Kapitels „Zwie­sam"
das Aufkeimen der Dissonanz zwischen Ich und Du fühlbar, die im Folgenden konkreter,
tiefer wird, im Gift der Falschheit, in den Erosionen durch den Alltag, im
Zusammenleben als Gewohnheitssediment. Beeindru­ckend die formale Vielfalt, in der Mayr dieses Spannungsfeld auslotet,
mal hei­ter-ironisch in Wilhelm-Busch-Manier („Nickeligkeiten"),
mal aber auch in äußerster Verknappung von Wort zu Wort die Perspektiven, die
Nuancen wechselnd - wie etwa in „Immer nur du": „weg/ wege/ wegen/ von
wegen/ von wegen weg/ von wegen/ wegen/ dir".

„Zwiesamkeit" prägt indes keines­wegs das ganze Buch des im Nordpfäl­zischen
Imsweiler lebenden Arztes, Ethnologen und Dichters, sie ist eineEtappe
im poetischen Durchlauf der Verhältnisse, in die man sich zu sich selbst, zum Du, zur Familie oder Grup­pe,
zum Dasein eingestellt sieht, ein Scharnier auch der zugehörigen Stim­mungen,
die die Verse durchschwin­gen, melancholisch in der Einsamkeit,
frühlingshaft-euphorisch in der Öff­nung zur Zweisamkeit, von heiter bis
gestresst, wenn Kinder ins Spiel kom­men.

Immer wieder finden Mayrs Sondie­rungen neue formale Ansätze, neue Töne - die Vielfalt der Ausdrucksmög­lichkeit
ist ihr besonderes Merkmal, ebenso die gewollte Zweideutigkeit, die Pointe, das
spielerische Aus- und Durchprobieren auch satirischer Einfälle
wie etwa in der rappenden „Selbstanleitung" für einen Sprechge­sang
(„RapSchrieb").

Auch bleibt Raum für Reisebetrach­tungen - etwa zu Irland („Hier wer­den
doppelte Regenbögen/ mit schma­len Straßen und Kneipen bespannt/ und über
Fiedel und Hackbrett ge­führt") -, für Gedichte über das Dich­ten selbst,
in denen Mayr seine poeto-logischen Ausgangspunkte preisgibt. Und es bleibt
Raum für so bitter Tref­fendes wie den Nachruf auf eine in Ruanda ermordete
Freundin („Welch einen Trost/ gibt ein Name/ der bleibt").

„Zwiesam" hält, was sein Vorgän­ger
„Zwischentöne" (Gipfelbuch-Verlag,
2004) bereits versprach: Kraft­volle Lyrik in weitgespannten The-menbögen,
pointiert, mit Witz und „Bodenhaftung" in ihrem Grundzug, bei aller
formalen Verspieltheit und mancher grüblerischen Anmutung auch verständlich
bleiben zu wollen. Auch optisch ist der Band anspre­chend gestaltet durch
Gemälde und Grafiken von Suzanne Beaujean-Adam, Corinna Buchholz, Kathrin
Leopolder, Helmut Ried und Eck­hard Schiele.

LESEZEICHEN

- Thomas M. Mayr: Zwiesam." Vechta: CeestVerlag 2007. 11 Euro.