Dieter Krenz: 30 Jahre später - Das Kind, seine Freunde und die Wünsche

30. Januar 2050. Das Kind saß im Wohnzimmer in seinem Líeblingssessel und las. Es war jetzt fast 40 Jahre alt. Am Klingelschild des Einfamilienhauses war K. zu lesen.
Es klingelte. K. stand auf und ging an das Fenster, das im ersten Stock genau über dem Eingang lag. Unten standen eine Dame und drei Herren in seinem Alter und schauten freundlich lächelnd nach oben.
Erkennst du uns nicht?, riefen sie hinauf.
Nach einer kleinen Ewigkeit ließ K. Namen nach unten tropfen: Heiner, Jakob, Anne, äh....Steffen?
Die vier lachten, dass ihre Zähne nur so blitzten.
Nun lass uns schon rein!, riefen sie. Wir frieren sonst noch fest.

Nachdem der Besuch auf der Couch Platz genomme hatte, sprach Jakob: Du weißt schon, warum wir da sind?
K. schüttelte den Kopf.
Vor 30 Jahren war doch diese Pandemie - und du hast uns besucht, weil wir in Quarantäne waren. Das Virus hatte das Land schwer im Griff. Und deine Besuche haben uns damals geholfen, die Zeit zu überstehen.
Ihr habt mich aber auch schon vorher besucht, als ich krank war, ergänzte K. Übrigens: Ich habe alle eure Geschichten und Wünsche von damals aufgeschrieben. - Erzählt! Sind Eure größten Wünsche in Erfüllung gegangen?

Als Erster sollte Steffen berichten. Der erinnerte sich noch genau an seinen damaligen Wunsch: Ich wollte unbedingt ein Haus am Atlantik in Frankreich. Stellt euch vor! -  Genau so eines habe ich jetzt. Es ist nicht sehr groß, aber ich habe dort alles, was ich brauche.
Und wie war das mit dem Französisch?, fragte K. nach. Denn da hattest du ja Bedenken.
Ja, das war nicht ganz leicht. Ich habe zwar in der Schule Französisch gelernt. Aber so richtig flüssig ging das nicht - bis ich ein riesen großes Glück hatte, begann Steffen zu erzählen.
Hast du Französisch etwa im Schlaf gelernt?, witzelte K.
Nein, ich hatte Glück, großes Glück - eine Französin kennenzulernen. Und ab da lernte ich ganz schnell, erklärte Steffen.
Und was ist aus der Französin geworden?, fragten die anderen neugierig.
Steffen hob nur lässig die Hand und drehte an seinem Ehering.
Cherchez la femme!, entfuhr es Heiner - und alle lachten.
Wenn Wunsch und Glück zusammenkommen, ist das der Jackpot, meinte Jakob.

Fortsetzung folgt