Dieter Krenz - Erzählungen in der Isolation - der achte Tag (Literatur in schwierigen Zeiten)


Der Nachmittag des achten Tages war da. Das kranke Kind war gespannt, wer von den Freunden heute auftauchen würde, denn die Reihenfolge der Besucher hatten sie ihm nicht gesagt. Als sich die Zimmertüre öffnete, war die Überraschung groß. Luisa, die älteste Freundin unseres kranken Kindes, kam herein.

Ich erzähle Dir heute vom Weg, begann Luisa. (Das Kind wunderte sich.) Im letzten Sommer war ich mit meinen Eltern in Schottland. Das ist wirklich wunderschön. Du weißt bestimmt, dass dort die Autos auf der linken Seite fahren müssen. Darum hatte mein Papa sich ein kleines Schild links neben das Lenkrad geklebt. Auf dem stand LINKS FAHREN. Und mein Papa fuhr immer schön links, obwohl wir lange unterwegs waren. (Das kranke Kind meinte: Dein Vater hat sich aber sehr konzentrieren müssen.) Luisa nickte und erzählte weiter: Einmal waren wir in einem kleinen Dorf, das außerhalb eine uralte kleine Kirche besaß. Dorthin führte ein breiter Feldweg, an dem links und rechts große Bäume standen. Meine Eltern und ich waren begeistert von dem Weg und bemerkten gar nicht, dass mein Papa wie in Deutschland auf der rechten Seite fuhr. Kurz vor der Kirche kam uns ein Traktor entgegen, auf dem ein rothaariger Bauer mit einer Pfeife im Mund saß. Mein Papa bemerkte seinen Fehler und wollte nach links lenken. Aber der Bauer war schneller. Ganz schnell fuhr er mit seinem grünen Traktor auf die rechte Seite des Weges. Als er und wir auf gleicher Höhe waren, hielt er an. Mein Papa auch. Er ließ die Seitenscheibe herunter und wollte schon Sorry sagen. Doch der freundliche Bauer war auch da schneller und rief halb englisch, halb deutsch: I can deutsch fahren. Wir mussten alle lachen. (Das kranke Kind auch.)

Weißt Du den Namen dieses Weges?