Dieter Krenz: kleine Erzählung vom Abendstern und vom Kind und vom Echo

Das Kind war mit seiner Omi im Wald gewesen. Dort hatte es das Echo entdeckt. Immer öfter und immer lauter rief es in den Wald hinein. Doch alle Echos waren so gut wie gleich laut.
Warum werden die Echos nicht lauter? Ich habe mich doch so angestrengt,
fragte es.
Die Bäume mögen solche lauten Wörter nicht,
antwortete der Abendstern.
Und warum nicht?,
wollte das Kind wissen.
Bäume lieben Gedichte, 
sagte der Stern.
Das Kind war sprachlos. Nach einer Weile fasste es sich und meinte:
Wenn ich den Bäumen mein Lieblingsgedicht aufsage, gibt es dann auch ein Echo?
Ja, mein Kind, ein Echo für alle diejenigen, die ganz feine Ohren haben,

war die Erklärung des Abendsterns.
Da glitt ein heller Schein über das Gesicht des Kindes.