Eda Muslubas - Vielleicht

Vielleicht

Würde ich mein Märchen selber schreiben,
würde einiges passieren,
ich würde über Höhen und Tiefen viel riskieren.
Ich wäre tapfer und mutig,
würde mich vielleicht verlieben.
Es würde sich alles geradebiegen
und es wäre nichts als Frieden.
Niemand würde streiten
und es würden immer alle an meiner Seite bleiben.

In Wahrheit schrieb ich mein Märchen immer schon selbst.
Und irgendwann an einem schönen Punkt
wollte ich sagen: „Und sie lebte glücklich
bis ans Ende ihrer Tage.“
Das Märchen wäre zu Ende,
doch es fehlen die nächsten Bände.
Ist dieser Punkt überhaupt existent,
ab dem mir das Leben den Rest schenkt?
So ungefähr hab‘ ich mir das Ganze vorgestellt,
habe keinen weiteren Lebensplan erstellt.
Und jetzt ist Stillstand, es geht nicht voran.
Ich habe alles getan, was ich kann,
doch vielleicht bin ich einfach nicht so gut
im Märchen-Schreiben.

Tausend und unendlich viele Worte,
Millionen von Fragen
formen meine Gedanken, die
alles verkomplizieren.
Ich höre Stimmen, die versuchen mich zu belehren,
Antworten ersehnen und nichts verstehen,
kein Ende sehen.
Vielleicht fängt mein Märchen auch jetzt erst an?
Vielleicht habe ich alles selbst in der Hand?
Zu jedem Zeitpunkt heißt es:
„Und sie lebt glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.“
Das Ende war der Anfang,
an dem etwas Neues begann.

Eda Muslubas (20 Jahre)

aus. Punkt. Kinder und Jugendliche aus dem Revier mischen sich ein. Geest-Verlag 2021