Band 2 der Trilogie 'Die Totenbeschörerin des Könis' behandelt das Leben der weisen Frau. Der Band geht nun in die lektorale Arbeit.

Erinnerungen


Rot glühte das Feuer in der umsteinten Herdstelle im großen Wohnraum von Matatjah, der Seherin und Heilerin von En-Dor. Die immer noch stetig vor sich hin flackernden Flammen nährten sich aus einigen kurzen, angekohlten Holzscheiten. Hier und da sprang knisternd das eine oder andere Flämmchen auf, leuchte rötlich und fiel wieder in sich zusammen. Matatjah hatte das Feuer herunter brennen lassen, der Hauptteil der Arbeit für diesen Tag war getan. Auf der Herdumrandung aus flachen Steinen standen einige größere Tontöpfe, zwei weitere hatte sie noch innen im er - kaltenden Herdfeuer, nahe dem umsteinten Rand stehen lassen. Sie mussten noch durchziehen, Matatjah hatte Heilkräuter in eine Bienenwachs – Öl – Mischung gerührt, für Salben. In den Tontöp - fen, die zum Abkühlen auf dem flachen Rand standen, rührte sie gelegentlich aber eher Gedanken verloren und mechanisch. Sie fühlte sich müde und zerschlagen, gedämpft und niedergedrückt durch ihre Trauer, ihren Kummer, ihre Sorgen.

Und auch – durch ihre Schuldgefühle.
Schuldgefühle, obwohl sie wusste, dass sie keine Schuld auf sich geladen hatte. Nicht den Lebenden gegenüber und auch nicht den Toten. Dass ihr Tun in der vergangenen Nacht nicht nur das einzig Richtige gewesen war, sondern dass es sogar ihre Pflicht war, ihr Auftrag, ihre Berufung.

Etwas entfernt vom Herd standen einige kleinere Tongefäße und Schalen mit Deckeln, alle schon befüllt und fest verschlossen. Wohlgeordnet, sorgfältig in Reihen aufgestellt. Matatjah war offen- bar schon seit geraumer Zeit damit beschäftigt, Salben für die aus der Schlacht heimkehrenden Männer zu kochen, wohl nicht erst seit heute. Mehrere andere Tontöpfe, leer, warteten noch darauf, dass sie die abgekühlte Salbenflüssigkeit hineingießen würde. Ei - nem jeden Besucher, der an diesem Abend ihr Haus betreten könnte, würde so auf den ersten Blick deutlich werden – Matatjah war eifrig damit beschäftigt, Salben herzustellen. Und diese ver - schlossenen Töpfe schienen ebenso klar zu beweisen – das hatte sie auch schon am gestrigen Abend getan, als noch spät in der Nacht Licht bei ihr zu sehen gewesen war.
Ein trügerischer Beweis.