Geht in die zwiete Auflage: So bleibt mir nur die Hoffnung. Roman über das Leben von Jugendlichen im Nationalsozialismus. Hrsg. von Olaf Bröcker.

So bleibt mir nur die Hoffnung
Roman über das Leben
von Jugendlichen im Nationalsozialismus


Herausgegeben von Olaf Bröcker.
Die Autoren:
Lukas Bert, Philipp Bert,
Frederik Bösing, Lea Bramlage,
Louisa Fortmann, Tanjila Hossain,
Jamie Jankowsky, Pia Kosinski,
Dominika Maszkowska, Eva Meyer,
Ngoc Nguyen, Mikail Özcan,
Lea Pranger, Anna-Maria Rolfes,
Paula Schulz, Nico Splittgerber,
Sanna Urban, Heinrich Wilkens,
Lisa Witte, Cihan Yokus.

Geest-Verlag 2016
ISBN 978-3-86685-550-2
ca. 520 S., 14.80 Euro




„Ihr habt die Wahl – macht was draus!“

Ein Vorwort von Anita Krüger zum Buch


Vor wenigen Wochen sprachen mich Jugendliche, die ich in einem anderen Buchprojekt des Geest-Verlags, dem von Pestalozzischule und Gymnasium Brake, kennengelernt hatte, in meiner Heimatstadt Brake mitten auf der Einkaufsstraße an. Sie gratulierten mir zu meinem Mut. Ich war verwundert: Welchen Mut meinten sie? Dass ich ihnen von früher erzählt hatte? Dass ich mich mit meinen 89 Jahren in ihrer Premiere auf die Bühne gestellt und einige Sätze gesagt hatte?
Nein, sie meinten etwas anderes. Ich hatte ihnen im Rahmen des Projekts erzählt, dass ich in diesen Jahren des Nationalsozialismus überzeugtes BDM-Mädchen und spätere Nazifrau war. Ich habe ihnen gegenüber eingestanden, wie ich das im Übrigen auch allen ande­ren Menschen gegenüber eingestanden habe, dass ich mich damals habe verführen lassen, den Parolen und verführerischen Karrierechancen, die man mir bot, geglaubt habe. Und zu dem Mut dieses Eingeständ­nisses gratulierten sie mir.
Es ist nach wie vor ein seltsamer Umgang, den wir in der Bundesrepublik mit den Jahren des National­sozialismus haben. Offensichtlich müssen die NSDAP, die HJ, der BDM und alle Massenorganisationen der Nazis einfach vom Himmel gefallen sein. Niemand hat sie gewählt, niemand war Mitglied, niemand war von ihnen fasziniert. Wir müssen ein Volk von aktiven Widerständlern gewesen sein, wobei es rätselhaft bleibt, wieso die Nazis so lange an der Macht blieben und im Namen Deutschlands die furchtbaren Verbre­chen begehen konnten.
Vielleicht war es der Fehler unserer Generation, nicht einzugestehen, dass wir den Versprechen und Lügen der NSDAP geglaubt haben, dass wir alle in diesen Unrechtsstaat verstrickt waren. Dass wir alle unseren Fehler erst sehr viel zu spät erkannt und aus Angst oder Scham diese Verstrickung im Nachhinein nicht zugegeben haben. Die meisten haben selbst vor ihren eigenen Kindern und Enkelkindern geschwiegen.
Somit haben wir es den nachfolgenden Generationen beinahe unmöglich gemacht, zu verstehen, wie all das passieren konnte. Wir haben ihnen damit die Mög­lichkeit genommen, neuen braunen Versprechungen, wie wir sie heute verstärkt wieder erleben, mit dem Wissen um den historischen Irrtum entgegenzutreten.
Ich will jungen Menschen mit dem Erzählen über meinen Weg, meine Irrtümer verdeutlichen, dass sie heute bessere Möglichkeiten des Widerspruchs gegen rechte Gedanken und Bewegungen haben, als wir sie damals gehabt haben.
Doch wie uns damals keiner die Entscheidung abnehmen konnte, so wird auch heutigen Jugendlichen keiner die Verantwortung abnehmen. Ich bin mir aber sicher, dass diese Jugendlichen, die an diesem Projekt des Gymnasiums Antonianum mitgewirkt haben, aus dem erlebten und erworbenen Wissen etwas machen werden.