Geht in Druck: Gottfried Meinhold: Männlichkeit als Verhängnis

Gottfried Meinhold
Männlichkeit als Verhängnis

und andere Essays
Geest-Verlag 2009
ISBN 978-3-86685-194-8
12 Euro

 

Rar geworden sind Persönlichkeiten, die sich dem Abfassen von größeren Essays widmen. Angesichts einer wissenschaftlich, literarisch und auch journalistisch immer zweckorientierter werdenden Auseinan­dersetzung mit zunehmend minmalen Segmenten der Wirklichkeit wundert es nicht, dass die literarische Gattung, die sich in einem umfassenderen dialektischen Ansatz Denkversuchen und Deutungen zentraler gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Problem­e stellt, eher ein Randdasein fristet.
Gottfried Meinhold gelingt es mit seinen drei hier vorgelegten Essays, die Wichtigkeit des Essays in zentralen Fragen unter Beweis zu stellen. In der Utopie der Exaktheit weist er die Exaktheit als utopische Zielorientierung nach, die, als solches erkannt, für den Menschen etwas Tröstliches hat, „nämlich eine Verringerung des Erwartungsdrucks, der der Furcht vor dem Fehler, dem Versagen, der Havarie entspringt.  An dieser Stelle genau zeigt sich nämlich, dass wir sehr wohl mit Wahrscheinlichkeiten zu leben haben, und dass es die geringen Irrtumswahrscheinlichkeiten sind, um die wir nach wie vor zu ringen haben – wie um ein Ideal –, ohne dass wir sie jemals ganz erreichen.“
Mit seinem Titelessay Männlichkeit als Verhängnis greift Meinhold in die aktuelle wissenschaftliche und politische Diskussion über Geschlechts­bedeutung für gesell­schaftliche Entwicklungen ein und gelangt zu dem Ergebnis, dass nicht auszuschließen ist, „dass die Menschheit noch für weitere quälende Jahrtausende mit den riskanten Dispositionen über­kompensierender und überkompensierter Männlichkeit zu ringen hat.“ Die Chancen einer gesellschaftlichen Trendwende beurteilt er eher skeptisch, da Männer und Frauen  offensichtlich „mit einem unaufholbar anmu­tenden anthropologischen Ent-wicklungs­rück­stand zu leben“ haben, „den auch optimierte edukative oder politische ‚Institutionen' kaum verringern können.“
Im dritten Essay, Der Stadtmensch. Versuch eines Porträts, begibt sich Meinhold in die Diskussion der Frage, ob der Stadtmensch „Ursprung einer höheren Kultiviertheit“ werden könnte,  da „die Stadt den gehörigen Leidensdruck zu erzeugen imstande ist, der nachdenkliche urbane Zeit­genossen mobilisiert, sich gegen zerstörerische existenzielle Bedingungen aufzulehnen.“

Gottfried Meinhold

1936 in Erfurt geboren, dort Schulbesuch, Abitur, Lehrer­studium am Pädagogischen Institut. 1959 Examen als Dipl.-Phil. an der Universität Jena, 1964 Promotion an der Humboldt-Universität Berlin. Ab 1964 Tätigkeit an der Universität Jena; 1968 Habilitation, 1971 Dozent für Phonetik und Sprechwissenschaft; 1985 a. o. Prof.; 1990-93 Prorektor, 1993 Lehrstuhl für Phonetik und Sprech­wissenschaft, 2001 Eintritt in den Ruhestand. Zahlreiche fachwissenschaftliche und literarische Publi­kationen.
Im Geest-Verlag  erschienen:
Gottfried Meinhold: Prag Mitte Transit  (ISBN 978-3-86685-135-1)