Imre Török schreibt das Vorwort für das Buch 'Humofiese Liebe mit Verlusten' der Schreibwerkstatt des Gaymnasiums Antonianum




 Imre Török, der Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) hat das Vorwort für das Buch der Autorinnen der Schreibwerkstatt des Gymnasiums Antonianum 'Humofiese Leiben' geschrieben. In diesem Vorwort verdeutlicht sich noch einmal die krative Leistung der jungen Autorinnen.

 

Über Brücken

 

Leser von Geschichten, auch dieser einfühlsamen, humorvollen oder kritischen Texte, erfahren selten etwas über deren Entstehungsgeschichte. Als Dozent hatte ich das Vergnügen, mit den fünf geistreichen Erzählerinnen des Buches im Rahmen einer Schreibwerkstatt intensiv zusammenzuarbeiten. Dass die Texte einmal einer größeren Öffentlichkeit zwischen zwei Buchdeckeln präsentiert werden würden – wenn ich mich an unsere Gespräche erinnere, lag diese Möglichkeit damals eher im Bereich des Traums denn in der Realwelt.

Die Brücke aber zu schlagen, den Traum zu verwirklichen, das ist, trotz der Anregungen und Handreichungen des Dozenten, die Leistung der Schreibenden und eines engagierten Verlags.

Der Leiter einer Schreibwerkstatt vermag wohl Kreativität zu wecken, kann die Brückenbögen zu spannen helfen: von den Ideen zum Wörterfluss. Bewusst habe ich für die Schreibwerkstatt am Antonianum in Vechta das Thema "Brücke" gewählt. Wie schön und variationsreich spiegelt es sich in jenen Texten wieder, deren ersten Worte in der Schreibwerkstatt zu Papier gebracht worden waren.

Wobei die "Brücke" der Kreativität mehr will, als eine fest vorgegebene Geschichte anzuregen. Die Euroscheine zum Beispiel, die ich zu Beginn spaßig in die Runde warf, fragend, was sie außer ihrem Geldwert verbinde – auf allen sind Brücken abgebildet –, die tauchen ja nicht direkt in den Geschichten auf. Oder doch?

Man lese etwa "Die Brücke zum Geld" oder "Ein schwarzer Blitz" und man entdeckt manche Verbindungen. Vom Dozenten im Detail so gewollt? Nein. Das ist bereits die ureigene Phantasieleistung, die kreative Schöpfung der Schreibenden.

Was ein Dozent in einer kreativen Schreibwerkstatt tut: er baut eine Pontonbrücke, die in einem Ideenstrom schwimmt und gleichzeitig eine tragende Verbindung zwischen dem Kreativfluss der Teilnehmer und seines eigenen herstellt. Gemeinsames Vorgehen, balancierend sich an Ziele heran tasten, lässt Ideengerüste entstehen, führt manchmal zu sternenfernen "Himmelsbrücken".  Handwerkliches, wie etwa Bögen der Spannung in einem Text, lassen sich ebenfalls mit dem Bild von einer Brücke verdeutlichen. Wenn schließlich Schreibfluss nicht ausufernd dahin strömt, sondern deutliche Konturen gewinnt, liegt es ganz in der Hand der jungen Schriftstellerinnen, ihre eigene Phantasiewelt und die der Leserschaft kunst- und lustvoll zu überbrücken.

In diesem Sinne wünsche ich der Sammlung beeindruckender, bewegender Geschichten sehr viel Erfolg!

 

 Imre Török

Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS)