Irmgard Lauff - Wenn man aufhören könnte zu suchen (in der Abschlusskorrektur)


 


Irmgard Lauff

Wenn man aufhören könnte, zu suchen

Geest-Verlag 2020


ISBN 978-3-86685-789-6                                                 

160S., 12 Euro

Heute habe ich mir
überlegt
wer meine Eltern sind

und ich habe mir vorgestellt
dass der Winter mein Vater sei
nein der Herbst wäre besser
mit seiner Melancholie
und der Sommer
die Mutter

Wer aber sind mein Bruder und ich
Weder Herbst noch Winter
weder Frühjahr noch Sommer
sind einfach zwei Kinder
aus verschiedener Zeit

Irmgard Lauff


Vater hat mir Fragen hinterlassen, die Fragen, wie der Mensch in der Angst zum gefügigen Untertan und Teufel werden kann. Wie er sich in die Ketten der Räder einspannen lässt, um Armut und Schande zu entkommen. Nur dem eigenen Profit nachrennend, seine Menschlichkeit und Urteilskraft verlierend, überlebt er als Krüppel, auf seinen Stock gestützt, den schweren Leib über die Erde stoßend und mit aller Kraft gegen das Erkennen des Bösen kämpfend, an dem er - wie doch fast alle -, was es nicht besser macht, beteiligt war. Mit der Flucht vor seinem Kind, hat er mich in die Geschichte geschickt zu den geschundenen, gedemütigten Toten und Überlebenden, vor denen er in Wirklichkeit davon rennen wollte, aber seine Beine und sein schwerer Körper streikten, sein krankes Herz ließen ihn zum Gefangenen seiner Schmerzen werden für den Rest seiner Zeit.

Er ging weg.
Das war sein Weg.

Und ein paar Mal haben sich unsere Wege gekreuzt.

 


Irmgard Lauff schreibt Lyrik und Prosa - lebt mit  Ehemann in Berlin - nach 20 Jahren Auslandsaufenthal-ten, teilweise mit ihren vier Kindern - arbeitet sie jetzt in ihrem sechsten und siebten Beruf als Psychoanalytikerin und Schriftstellerin.
Im Geest-Verlag bereits veröffentlicht:
Perlen in meiner Hand. Floras Jahrhundert vor, während und nach zwei Weltkriegen (2018),
ISBN 978-3-86685-662-2
gestreiftes. nichts und mehr. kurze prosa (2019)
ISBN 978-3-86685-733-9