Jenny Schon - Marie Ebner-Eschenbach zum Geburtstag (13.9.1830)

Jenny Schon


Marie Ebner-Eschenbach zum Geburtstag
13. September 1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren als Marie Dubský von Třebomyslice; † 12. März 1916 in Wien



Marie Ebner-Eschenbach gilt mit ihren psychologischen Erzählungen als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Erzählerinnen des 19. Jahrhunderts.
Ich hatte ihre Erzählung Božena gelesen, die 1876 das erste Mal erschienen war. Ich war erst nach der Samtenen Revolution in der Lage, den böhmischen Teil von mir erforschen zu können, den mütterlichen, denn der Eiserne Vorhang und die Vertreibungen der Deutschen nach 1945 taten ihr Übriges. Die Božena erinnerte mich sehr an meine böhmischen Vorfahrinnen, die zwar klein aber drahtig waren, stark wie Rübezahl, hieß es.
Bei Ebner-Eschenbach hätte die schöne Božena … sich an Größe und Stärke kühnlich mit einem Flügelmanne des Garderegiments Friedrich Wilhelms I. messen können. Dabei besaß sie ein ausdrucksvolles und gescheites Gesicht, in dem ein Paar rabenschwarze Augen funkelten, die auch der mutigste Mann nicht ohne leises Grauen in Ungnaden auf sich gerichtet sah.
Friedrich Wilhelm I. war der sogenannte Soldatenkönig der Preußen und berühmt durch seine Armee der Langen Kerls. Die Beschreibung der Dichterin läßt frühe emanzipatorische Tendenzen ahnen. Eine Frau des 19. Jahrhunderts hat nicht so zu sein, daß Männer, gar Soldaten, vor ihr Furcht haben.
Marie war als Komtesse Dubsky am 13. September 1830 auf Schloß Zdislawitz bei Kremsier (Kromeríz) in Mähren geboren worden und heiratet mit achtzehn Jahren ihren Vetter, den österreichischen Feldmarschall und Physiker Leutnant Moritz Freiherrn von Ebner-Eschenbach. Sie leben in Wien oder sommers auf ihrem mährischen Gut. Die Ehe ist glücklich und  kinderlos. Marie versucht sich als Lyrikerin und Dramatikerin, findet in späteren Jahren in den Erzählungen ihre optimale Ausdrucksform.
Božena zählt zu ihren ersten Erzählungen und wird gleich ein großer Wurf.
Das Gemeindekind zählt zu ihrem Hauptwerk, darin kämpft sie gegen Vorurteile.
Marie von Ebner-Eschenbach war eine führende Persönlichkeit in dem 1891 von Arthur Gundaccar von Suttner (Ehemann von Bertha von Suttner) gegründeten österreichischen „Verein zur Abwehr des Antisemitismus“.

Ab 1890 fand Marie von Ebner-Eschenbach mit ihren dialogischen Novellen ihren dramatischen Schreibstil. Mit ihren Werken Ohne Liebe (1888) und Am Ende (1895) erzielte sie in Berlin auf der Freien Bühne große Erfolge. 1898 wurde sie mit dem höchsten zivilen Orden Österreichs, dem Ehrenkreuz für Kunst und Literatur, ausgezeichnet. 1900 erhielt sie den ersten weiblichen Ehrendoktor der Universität Wien.
Nach ihren Italienreisen ab 1899 veröffentlichte sie 1906 ihre Erinnerungen Meine Kinderjahre.
Der 1. Weltkrieg bricht aus, die Welt wird danach eine andere sein.
Aktuell gibt es ein paar Erzählungen bei Reclam und zwei Bände ihres Briefwechsels.