Luisa Krieger - Denk-mal

Denk-mal
Luisa Krieger

Meine Schritte häkeln sich aneinander, Fuß um Fuß zer-bersten Schottersteine unter meinem Gang, während ich auf die Oberfläche des Wassers zulaufe. Die viereckigen, hellgrauen Steinblöcke sind in eine Kurve sortiert, die immer wieder ihre ursprüngliche Richtung verliert. Von hier aus kann ich die schwachen Wellen sehen, die mir von Rosenblättern gerahmt sanft zuwinken, und ich bemerke, dass die Stufen schon Ausschlag von den Geschichten des Wassers bekommen haben. Rechts und links pflastern Schilfhalme eine Brücke zu der Trau-erweide, die suchend die Oberfläche streift, verstrudelt in einem unendlichen Kuss verzweifelter Liebe.
Lange betrachte ich den See, verliere die Stufen aus dem Blick und versuche, die Stadt am anderen Ende zu ignorieren. Ich zittere, habe das Gefühl, das Tor an der Seite beobachtet mich  und in den Augen des Hauses mit den bröckelnden Schornsteinen übertrifft die Dunkel-heit die Schwaden des ausgebrannten Feuers, das in den Bäumen über der Mauer festhängt.
Ich weiß nicht, warum ich erwartet habe, die Wolken würden mir ein Bild malen, oder warum ich dachte, dass an diesem Ort die Sonne nicht durch das Fenster grüßt oder die Schritte anders klingen.
Vielleicht wollte ich, dass der Wind die Zeit mit den Blät-tern zurückdreht, denn die Wahrheit ist, dass die Sonne hier brennt, selbst das Schilf schreit und die Vögel don-nern aus den Bäumen.
Die Wahrheit ist, dass ich meine Schritte schon in der Kurve verliere, nur kurz nach meinem Verstand.
Die Wahrheit ist, dass die Enge in mir so groß ist, dass ich meine Gefühle nicht mehr finden kann und dass die Ruhe um mich herum schneller explodiert als die Bilder in meinem Kopf, und ich weiß, dass die Augen schließen nicht hilft …
und beim Anblick eures Rosenhimmels wird mir endgültig bewusst, dass Weinen viel zu klein ist.