Niemand hat die Absicht“ Ehemaliger Oldenburger Richter widmet Balve seine Roman-Premiere - Artikel im Süderländer Volksfreund


„Niemand hat die Absicht“

Ehemaliger Oldenburger Richter widmet Balve seine Roman-Premiere




Die Handlung spielt in Balve: Der ehemalige Oldenburger Richter Josef Mehrings hat seinen ersten Roman („Niemand hat die Absicht“) veröffentlicht.


Balve - Zugegeben: Die Geschichte ist fiktiv und der Name des Ortes, in dem sie spielt, leicht verfälscht. Mit etwas Phantasie ist aber leicht erkennbar, dass mit dem Sauerland-Örtchen Malve die Hönnestadt Balve gemeint ist. Das gibt der Autor des Romans „Niemand hat die Absicht“ auch unumwunden zu.

Josef Mehrings heißt der Verfasser des etwa 460 Seiten dicken Romans. Der ehemalige Richter wohnt in Oldenburg und ist 66 Jahre alt. Von Berufs wegen eigentlich auf der Suche nach der Wahrheit, nimmt Mehrings als Buchautor gerne die künstlerische Freiheit in Anspruch, Dinge anders darzustellen, als sie in Wirklichkeit sind. 

Das fängt mit seinem Namen an: Für den Roman „Niemand hat die Absicht“ benutzt er das Pseudonym Jos F. Mehrings. Und es geht mit der Handlung in seinem belletristischen Erstlingswerk weiter. Mit der Trennung von Fiktion und Wirklichkeit nimmt er es nämlich nicht so genau, was das Lesevergnügen aber keinesfalls schmälert. 

Und darum geht es: Heinrich Kollmann ist der 57-jährige Bürgermeister von Malve. Seine dörfliche Welt aus Hof, Ehefrau und Kindern ist vollkommen in Ordnung, als Bürgermeister hält er die Zügel fest in der Hand und hat damit das Dorf uneingeschränkt im Griff. 

Doch dann gerät seine scheinbare Idylle innerhalb weniger Tage des Jahres 1961 ins Wanken, als ihm mitgeteilt wird, dass das Dorf für den Bau eines Staudamms geflutet werden soll. Kollmann entwickelt sich zu einem tragischen Helden, der sich von seinen gewohnten Strukturen löst und sich dabei lediglich auf seine Tochter Marie (21) verlassen kann. Die etwas naive Jurastudentin, die sich nur kurze Zeit nach einer blauäugig begonnenen großen Romanze mit einem jungen Revoluzzer in einer noch größeren Enttäuschung wiederfindet, erweist sich neben dem Außenseiter des Dorfes, Epi, als Kollmanns einzige Stütze. 

Wortspiele und Sprachwitz

Entstanden ist das an Wortspielen und Sprachwitz reiche Werk während einer Zugfahrt. Genauer: Während unzähliger Zugfahrten zwischen Oldenburg, wo der Autor wohnt, und Münster, wo er zuletzt als Professor für Wirtschaftsrecht gearbeitet hat. 

„Weil die Fernverkehrszüge nicht immer so zuverlässig verkehren, bin ich oft mit Nahverkehrszügen gefahren. Da hatte ich dann zweieinhalb Stunden Zeit“, erinnert sich Mehrings, wie er auf einem Klappsitz, mit dem Laptop auf den Knien, Kapitel um Kapitel seines Romans in die Tastatur getippt hat. Im Verlauf seiner Arbeit hat er manches revidiert und einiges geändert. Beispielsweise hat er das Jahr der Handlung von 1968 auf 1961 verändert. 

„Damit Bürgermeister Kollmann den legendären Satz zwei Monate vor Ulbricht sprechen konnte“, erklärt Mehrings. Gemeint ist der Ausspruch des damaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden, dass niemand die Absicht habe, eine Mauer zu errichten. 

„Das Verrückteste seit zehn Jahren“

Zwei Jahre hat Mehrings an seinem Roman gearbeitet, bis er 2011 fertig war. Und dann wollte ihn kein Verlag drucken. Mehrings handelte sich eine Absage nach der anderen ein, bis er schließlich im vergangenen Jahr an den Geest-Verlag geriet, der Interesse zeigte. „Die 70 Kilometer nach Vechta bin ich mit dem Fahrrad gefahren“, erinnert sich der sportliche 66-Jährige an diesen Tag und daran, was ihm der Verleger sagte: „Das ist das Verrückteste, was ich in den letzten zehn Jahren gelesen habe!“ 

Mehrings Hartnäckigkeit bei der Suche nach einem Verlag hatte sich also gelohnt, das Buch sollte gedruckt werden. Der Autor setzte noch durch, dass er das inzwischen sieben Jahre alte Manuskript noch einmal überarbeiten durfte. Auch das ist der Grund dafür, dass Mehrings einige (gewollte) Zeitsprünge unternimmt. 

So bringt er das umstrittene Gauland-Zitat vom „Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ ebenso unter wie den Dürre-Sommer 2018, der dazu führt, dass die Bewohner des im Stausee versunkenen Örtchens Malve noch einmal ihren Kirchturm erblicken können. 

Auch sieht er die Abwanderung von RAF-Terroristen in die DDR anfang der 1980er-Jahre bereits 20 Jahre vorher voraus. Überhaupt bindet der Autor politische und zeitgeschichtliche Begebenheiten geschickt in die Handlung ein. 

Zielgruppe ist die Generation 40 plus

Das allerdings führt auch dazu, dass sich manche Leser gewisse Bezüge erst erschließen müssen. „Zielgruppe ist die Generation 40 plus, die jungen Leute werden manche Sachen nicht verstehen“, gibt Mehrings auch zu. Wer aber die Mentalität der Sauerländer im Allgemeinen und der Balver im Besonderen ein wenig kennt, wird „Niemand hat die Absicht“, das bei der offiziellen Buchpremiere am Dienstag, 22. Januar, in Oldenburg vorgestellt wird, bestimmt mit großem Vergnügen lesen.

„Niemand hat die Absicht“ von Jos F. Mehrings. Erschienen im Geest-Verlag, Vechta. ISBN 978-3-86685-701-8, 14,80 Euro.