Presse berichtet über 'Umarmungen', die Anthologie der Berner Bücherwochen für Senioren, verfasst von Jung und Alt

Stollhamm Bernd Jürgen Garbades Stiefvater war kein netter Mann. Zumindest war er nicht nett zu Kindern, hatte nichts für sie übrig. Prinzi muss das gespürt haben. Er sollte es mit seinem Leben bezahlen.

 

 

Leider kein Happy End hat die Geschichte, die Bernd Jürgen Garbade zu der in dieser Woche im Geest-Verlag erscheinenden Anthologie „Umarmungen“ beigesteuert hat. Bernd Jürgen Garbade ist Bewohner des Pflegeheims Haus Christa in Stollhamm, in dem psychisch kranke Menschen betreut werden. Neben ihm ist noch ein zweiter Bewohner stolz darauf, mit einer Geschichte in dem Buch vertreten zu sein. Lutz Klauschies schreibt hat über eine Liebschaft geschrieben, die bis heute ein Geheimnis war.

 

Stolze Autoren

Alljährlich finden die Berner Bücherwochen statt. Aus deren Anlass gibt Initiator Reinhard Rakow auch in diesem Jahr wieder eine Anthologie heraus. Sie umfasst unter dem Titel „Umarmungen“ Geschichten, die vor allem Senioren ansprechen sollen. Zwei ganz besondere Umarmungen schildern in dem Buch Bernd Jürgen Garbade und Lutz Klauschies, und das ist vor allem Anke Rehbronn zu verdanken.

 

„Umarmungen“

Die Anthologie soll vor allem Seniorinnen und Senioren ansprechen. Die Autoren indes sind altersmäßig bunt gemixt. Das Buch erscheint im Geest-Verlag (Vechta), ist 380 Seiten dick und kostet 14 Euro. Herausgeber ist Reinhard Rakow, Initiator der Berner Bücherwochen.

Die Butjadingerin arbeitet als Betreuungskraft im Haus Christa und fährt regelmäßig mit Bewohnern der Einrichtung zu klassischen Konzerten, die ebenfalls im Rahmen der Berner Bücherwochen stattfinden. Dadurch ist sie mit Reinhard Rakow bekannt. Der fragte bei Anke Rehbronn nach, ob nicht vielleicht auch Bewohner des Hauses Christa Interesse hätten, sich an der Anthologie-Ausschreibung zu beteiligten. Bernd Jürgen Garbade, der schon etliche Gedichte verfasst hat, und Lutz Klauschies, für den die Schreiberei absolutes Neuland war, sagten zu. Und nun freuen sich die beiden Autoren zusammen mit Anke Rehbronn mächtig, dass ihre Beiträge von der Jury ausgewählt wurden und es ins Buch geschafft haben.

Bernd Jürgen Garbade stammt aus Einswarden, hat aber den größten Teil seines Lebens in München verbracht. Dort liegt, in einem Rhabarberfeld, Prinzi begraben. Prinzi war ein zahmer Wolf, den ein Bekannter von Bernd Jürgen Garbades Stiefvater aus der Kriegsgefangenschaft in Russland mit nach Deutschland gebracht hatte und der irgendwie bei den Garbades landete.

 

Berührende Geschichten

„Prinzis bester Freund war ein Dackel, und er liebte Kinder“, erinnert sich Bernd Jürgen Garbade. Der Stiefvater liebte Kinder nicht. Vielleicht hat Prinzi ihn deshalb eines Tages verfolgt, wohl um ihn anzufallen. Der Stiefvater schlug ihn mit einem Knüppel halb tot; ein Tierarzt erlöste den Wolf. Bernd Jürgen Garbade lässt diese Geschichte bis heute nicht los; bis vor wenigen Jahren hatte er Alpträume deswegen.

 

 

Drei Jahre war Prinzi an seiner Seite. Er erinnert sich, wie er ihn umarmte, sich zusammen mit seinem Bruder in Prinzis Hütte versteckte, wenn sie etwas ausgefressen. Prinzi legte sich dann schützend vor die Jungs. Bernd Jürgen Garbade ist heute 81 Jahre alt und Prinzi seit mehr als 70 Jahren tot.

Lutz Klauschies’ literarische Umarmung gilt einem Menschen, einer Frau, die 24 Jahre lang seine heimliche Geliebte war. Lutz Klauschies kam kurz nach dem Mauerfall aus Leipzig über Umwege nach Bremerhaven. Auf einem dortigen Postamt lernte er Christine kennen, die verheiratet war. Bei einem heimlichen Ausflug nach Sahlenburg kamen sie sich 1990 näher und wurden ein Paar. Selbst nach dem Tod von Christines Mann blieb die Beziehung geheim. „Ihre Tochter hätte das nie verstanden“, sagt Lutz Klauschies.

Christine starb am 10. Dezember 2014. Lutz Klauschies ist froh, dass er sich das Geheimnis seines Lebens jetzt von der Seele schreiben konnte. Er glaubt, dass Christine es so gewollt hätte.