Programm des Zweiten Brüggener Literaturherbstes steht

 

 

 

 

 

 

Über den Brüggener Literaturherbst

Im Jahr 2007 hatte der „Brüggener Literaturherbst“ Premiere. Neun Lesungen fanden an unterschiedlichen Orten zum Thema „Nacht“ statt. In diesem Jahr geht der Literaturherbst in die zweite Runde. Initiatorin ist die Brüggener Schriftstellerin Ellen Roemer. Unterstützt wird sie durch die Mitarbeiterinnen des Kulturamtes und der Brüggener Gemeindebücherei Judith Zybell, Anne Ingenrieth und Ruth Heymes.

Im Vorfeld der Lesungen 2008 erfolgte der Aufruf, Texte zum Thema „Geschwister“ einzureichen. Eine Auswahl der zahlreichen Einsendungen wurde rechtzeitig zu Beginn der Lesereihe in einer Anthologie im Geest-Verlag aus Vechta veröffentlicht.

Die Gemeinde Brüggen ist bemüht, Literatur auf beiden Seiten zu fördern:
Im Rahmen des zweiten Brüggener Literaturherbstes „Aufgeblättert“ in der Zeit vom 17. Oktober bis 8. November 2008 wird an unterschiedlichen Orten aus der Anthologie gelesen.
Außerdem werden die Autorinnen und Autoren der zehn gelungensten Beiträge
zu einem Workshop nach Brüggen eingeladen.

 
 
Das Buch zur Lesereihe wird im Geest-Verlag erschienen

Geschwister
Anthologie zum „Zweiten Brüggener Literaturherbst'
Geest-Verlag, Vechta-Langförden, 2008
ISBN 978-3-86685-141-2
12,50 Euro

Erhältlich ab Veranstaltungsauftakt
im Buchhandel
beim Verlag
oder

an den Kartenvorverkaufsstellen

Rathaus Brüggen
Touristinformation
Gemeindebücherei
Freitag, den 17. Oktober 2008

Wir sind wer
Über das Glück, Geschwister zu haben
Veranstaltungsort
Gemeindebücherei Brüggen
Klosterstraße. 34
41379 Brüggen

19.00 Uhr
Eintritt frei

Wir sind wer! Sind wir wer? Wer sind wir?
Zum Glück bin ich nicht allein. Familie ist mehr als meine Sippe. Schenkt sie mir doch Geborgenheit und Trost. Wenn gar nichts mehr geht, dann ist da doch immer noch diese Gemeinschaft. Von meinen Eltern trennen mich Jahre. Glaubte ich mich unverstanden, so fand ich bei meinen Geschwistern ein offenes Ohr.
Ich höre wieder die Stimme meiner Schwester: „Sag, dein großer Bruder wird das hier schon klären.“ Und sie hob drohend die Faust. Mein Blick wanderte zu dem Kleinen im Laufstall, der die Geste nachahmte. „Genau so! Bruder ist Bruder. Das macht immer was her.“
Er machte was her, denn schnell war er einen Kopf größer als ich und in Mathe besser.
 
Dienstag, den 21. Oktober 2008

Klar, dass Mama/Papa dich lieber hat
Beziehung zu den Eltern
Veranstaltungsort
Familienzentrum Vennmühle
Vennmühlenweg 24
41379 Brüggen

19.00 Uhr
Eintritt 3,- €

Immer das Gleiche. Wieder wird sie bevorzugt. Unser Nesthäkchen. Falsche Schlange. Schmeichelt sich ein. Wie kann sie diese Situation nur so ausnutzen. Das ist …
Nun beruhige dich. Ich stehe vor dem Spiegel und kann mich kaum erkennen. Wut und Enttäuschung haben eine klebrige matte Schicht über meine Augen gezogen. So war sie schon immer. Sie hat meinem Bär einen Arm ausgerissen. Sie war es und ich wurde bestraft. Ich bin jeden Tag da, ich sorge und pflege. Wenn sie heranschwebt in ihrem getupften Sommerkleidchen, dann steht die Welt still. Einmal im Monat, wie rar sie sich macht. „Wie schön, dass du dir Zeit nimmst.“ Die Stunde liegt mir bleischwer im Magen. Minute um Minute hat sie mich vergiftet.
Ihr Satz beim Abschied verschlägt mir die Sprache: „Würden sie mich nur so lieben wie
dich …“  
Donnerstag, den 23. Oktober 2008

Kinderlesung zum Thema Geschwister
Ich bin auch noch da
Veranstaltungsort
Kindergarten Lüttelbracht
Genholter Str. 107
41379 Brüggen

15.00 Uhr
Eintritt frei

Erinnerungen wachsen mit den Jahren. Sie stecken in den Kinderschuhen, in blanken Hosenböden und im Fell geliebter Teddybären. Erfahrungen kletten sich an unsere Seele, geben ihr aber auch eine Rankhilfe. Mal leise, mal zart kommen sie daher. Manches Mal sind sie ungestüm und wild, verausgaben sich. Die kleinsten Dinge hinterlassen die größten Spuren. Dagegen lässt Wichtiges uns oft kalt.
Schaffen wir also Raum, um Gefühlen eine Daseinsberechtigung zu geben. Wie kann man es besser tun, als in eine Geschichte einzutauchen, die unsere Welt beschreibt und uns mitfühlen, mitleiden, mitlachen erlaubt?
Sonntag, den 26. Oktober 2008

Der zerbrochene Krug
Hader, Zank und Streit
Und wenn es doch war wäre
Erwartungen und Wünsche an die Geschwister
Veranstaltungsort
Jugendherberge Brüggen
Auf dem Eggenberg 1
41379 Brüggen

16.00 Uhr
Eintritt 3,- €

‚Du mit deinem blöden Getue. Du bist nicht der Nabel der Welt.’ Er senkte den Blick, schien aufzugeben. Seine Schwester ging vermutlich davon aus. Immer steckte er ein, wenn sie so großzügig austeilte. Die Jahre, die sie beide trennten, schienen ihr die Befugnis zu geben. Sie drehte sich zur Mutter, die zusammengesunken auf dem Sofa saß. „… und du bist auch nicht besser!“ Ihre Worte durchschnitten die Luft, scharf und kalt.
‚Um was geht es hier eigentlich?’
Er wollte fragen, holte Luft, atmete aus. Nichts geschah. Wann hatte sich diese Herzlosigkeit eingeschlichen? Und warum? Banalitäten brachten sie an den Rand ihrer Belastbarkeit.
In Sätzen gefüllt mit Beleidigungen und Hässlichkeiten zog sie die Familie in ihren Daseinskampf hinein. Immer wieder.
Er holte Luft, öffnete die Tür und sagte nur ein Wort. Ganz leise, ruhig – in seiner Art: „Geh!“ Und sie spürte, es war ihm ernst.
Mittwoch, den 29. Oktober 2008

Unruhe in jedem Zimmer
Thema Großfamilie
Alles meins
Vom Glück oder Unglück, ein Einzelkind zu sein
Veranstaltungsort
Schloss Dilborn – Die Jugendhilfe
Dilborner Straße 61
41379 Brüggen

19.00 Uhr
Eintritt 3,- €

Die alte Holztreppe ächzt unter der Last des Ansturms. Zwei, drei, vier Kinder stürmen empor. Endlich wieder daheim. Der vertraute Geruch, das eigene Bett, der Platz zum Spielen. Das Haus umfängt uns mit weit geöffneten Armen und wir lassen uns mit einem Seufzer fallen. Ein Gefühl von Geborgenheit umspült unsere wunden Nerven, die in den letzten Stunden der Heimreise gelitten hatten. Und doch ist dieser Frieden trügerisch. Es ist nur eine Frage der Zeit, die Uhr tickt. Schon in der nächsten Sekunde kann alles davonfliegen. Der Alltag trägt Siebenmeilenstiefel. Der Streit ums Badezimmer und wer hat die Babyschuhe ausgepackt? Wo ist meine Spieluhr? Gib her, das ist meins. Vergessen die Sehnsucht nach Daheim.   
Freitag, den 31. Oktober 2008

Das Familienfest
Alle Jahre wieder,
wenn die Familie sich trifft
Veranstaltungsort
Brachter Mühle
Brüggener Straße 13
41379 Brüggen – Bracht

19.00 Uhr
Eintritt 3,- €

Omas 70. Geburtstag kam immer näher. Eltern, Tanten und Onkel organisierten und planten, beschlossen und verwarfen. Wieder und wieder ergänzten sie die Gästeliste. Es gab nur eine Person, über die niemand ein Wort verlor. Wie eine Gewitterwolke schwebte die Erinnerung an das letzte Weihnachtsfest über uns. Gretchen würde fehlen – freiwillig oder auch nicht. Jüngstes Kind unserer Oma.
Dann war es endlich so weit. Der Tusch ertönte und Omas Augen leuchteten, ihre Wangen glühten. Onkel Ernst begann mit einer Rede, seine Kinder sangen. Als wir mit unserem Theater beginnen wollten, wurde es mit einem Schlag ganz still im Saal. Kein Lachen, kein Raunen, keine Gesprächsfetzen. Nichts. Alle starrten auf Gretchen und die acht Kinder, die sich dicht an sie drängten.
 
Dienstag, den 4. November 2008

Ich vermisse dich
Trennung und Trauer
Besondere Geschwister
Behinderte Geschwisterkinder
Veranstaltungsort
Evangelische Kirche Bracht

19.00 Uhr
Eintritt 3,- €

Dein Platz an unserem Tisch ist leer. Lange schon. Niemand wagt ihn einzunehmen. Wo bist du jetzt? Was hast du mitgenommen? Wie lange wirst du bleiben?
Mutter hat geweint. Sie spricht nicht darüber. Vater bleibt stumm. Es ist für alle anders. Du bist nicht da und der Platz am Tisch bleibt leer. Dein Zimmer ist verschlossen. Niemand hat es betreten, seit du fort bist. Manchmal lausche ich abends an der Tür, höre das Gestern mit dem Vorgestern tuscheln. Ferientage balgen sich auf deinem Bett. In der Ecke hockt ein alter Streit und schluchzt. Deine Vergangenheit weiß nicht mehr, zu wem sie gehört. Ich traue mich nicht in diesen leeren Raum. Irgendwann werde ich sie zu mir einladen, dann tauschen wir Erinnerungen aus.
Ich weiß, wir werden weinen, aber lachen werden wir auch.
Samstag, den 8. November 2008

Das doppelte Lottchen
Zwilling, Drilling und noch mehr.
Veranstaltungsort
Alte Schule
Born

19.00 Uhr
Eintritt 3,- €

Gleiche Schuhe, gleiche Jacken, gleiche Haare, gleiche Zähne. Wir werden dumm beäugt. Wie süß. Was ist süß daran, eine Kopie zu sein? Wer ist das Original? Ich bin die Antwort heute. Sie ist es morgen. Wir üben uns im Gleichklang, ticken im selben Rhythmus, wann immer wir etwas erreichen wollen. Doch die Krallen sind scharf. Das Denken pfeilschnell. Ist es uns nütze, so sind wir uns fremder als Fremde. Jedes unserer Hirne hat eigene Windungen. Fühlen wir gleich? Ich blicke in ihren Spiegel. Sehe meine Tränen über ihre Wangen rinnen. Kann sie mich ersetzen in meinem Leben? Verdrängt sie mich von meinem Platz, wenn ich mich mit ihm streite? Will man mich oder sie?
Wir verstecken uns hinter müdem Lächeln, belauern uns.
Aber manchmal ist das Leben ganz leicht, denn Gesprächsstoff gibt es immer und jeder will ihn hören.