Reinhard Rakow - 5. Unter Tage

(5. Unter Tage)


Unempfunden kommen sie spät, es streben entgegen
Ihnen die Kumpel, zu hell scheinet, zu blendend das Licht,
Und fast scheut sie der Freund, kaum weiß zu sagen die eigene Frau,
Wer mit Namen sie sind, die nach oben befördert sich nahn.
Aber der Muth von ihnen ist groß, es füllen das Herz ihm
Schiere Freuden und kaum weiß er zu brauchen das Gut,
Schafft, verschwendet und fast wird ihm Übles allzu gewöhnlich,
Das er mit kundiger Hand töricht wie sündig berührt.
Möglich, das war ihm verdienter Lohn; Tag um Tag umfangen
Von Schwärze, luftarm und gebückt, Strippen ziehend
Das Risiko tragend, auf sich gestellt, für anderer Leben und Gut,
Tief deshalb die eigene Brust mit Stolz und Genüge befüllt,
Doch um des eigenen Glücks wie derer die halfen vergessen,
Bleibt zuerst und allein er von der Lust zu leben beseelt.
So ist der Mensch; wenn ihm etwas gelingt, und es sorget mit Gaben
Das Glück für ihn, ein Freund, kennt und sieht er es nicht.
Fragen müsst´er, zuvor; nun aber nennt er sein Liebstes,
Nun, nun müssen dafür Worte, wie Blumen, entstehn.





Aus dem Zyklus "Brot und Spiele", auf „Brod und Wein“ (1870) von Friedrich Hölderlin (* 20.03.1770, † 07.06.1843)