Reinhard Rakow - und aber

und aber

1.
und der wind quirlt
die blätter und das licht
zuckt lustlos dahinter und er
schüttelt es durch: das kaleidoskop
der stille  
und die stille kocht auf kleiner
auf ganz kleiner flamme
vor meinem fenster
vor dem fenster
glas voller schlieren und fliegen
schiss das längst schon gesäubert und
und ich denke wie schön: fliegen
fliegenschiss und ich freu mich
dass es hier noch fliegen gibt achtzig
neunzehnachtzig vor vierzig
jahren also gab es hier zehn
zehn mal so viele hundert das sind
tausend zigtausend
prozent mehr fliegen insekten libellen
neuflügler fransenflügler großflügler netz
flügler hautflügler käfer schmetterling
linge zweiflügler köcher
fliegen wenn ich
zur uni fuhr mit der ente siebzig
die hanauer berge runter der wischer
schaffte es nicht ihre leichen
von der scheibe zu streifen und ich musste
anhalten an der nächst
besten tanke mit dem hart
porenschwamm und ich fluchte
fluchte über die
überheblich leicht
fertig denn was du
entbehrst merkst du erst hinterher
hinter her hinter ihr her die katze
vergeblich verfehlt
die katze
 plumpst auf den teppich
sie ist doch schon vierzehn
sagt die tierärztin
lang macht sie nicht mehr
und die fliege gerettet
fürs erste denn
lang macht sie nicht mehr jetzt
 ist es oktober und sie ist übrig
geblieben vom letzten
sommer der, herr!, ein großer war schon
tot die übrigen fliegen
die meisten
schon abgefallen wie die meisten
blätter die übertägigen blätter
und der wind verquirlt ihr braun
ihren braunstich das licht
köchelt auf kleiner
auf ganz kleiner
rotgoldener flamme
und keiner rührt´s um

2.
und vor meinem fenster das licht
verpisst sich inzwischen
bereits um vier
und der wind rührt
mit dürren
totholzlöffeln im nebel
stochert mit fleischlosen knochen
der täter und ihrer opfer
im bottich der erinnerung
auf der suche nach einem
kleinen brocken rest
scham
und die katze
streicht um ihren napf mit den
zweieinhalb tropfen suppe
und kriegt doch nichts
keinen schluck runter und ist
ist nur noch haut und knochen
und knochen und haut und
räudiges fell
sie frisst kaum noch die suppe
von mir angewärmte suppe
nierendiät ihr geht
der november an die nieren lang
macht sie das nicht mehr
sagt die tierärztin ich soll sie recht
zeitig er
lösen dem tier
kannst du helfen sagt sie
sie quält sich doch: uns
menschen nicht und ich lege
der katze meine hand  
auf den kleingeschrumpften mumien
kleinvogelmumien
kopf und sie schnurrt und
es rührt mich und ich lege
schubert auf und joplin und
ich bin traurig und ich lege
wie sagt man: eine leselitze
in den amery wo er der selbst
tötung sein hohes lied singt
ein sehr hohes lied
und ich knipse das licht an
und ich denke der
hat gut reden
verdammt gut denn was du
denn der hatte nie
während ich die katzen
kotze aufwische vom laminat vielleicht
sollte ich teppiche auslegen vielleicht
ist es ihr zu kalt denke ich
jetzt im november
der kalte boden
und die kalte suppige luft
und das kalte angekokelte licht

3.
aber der wind im dezember ist warm
und der golfstrom außer sich aber
es wird schon wieder kälter wartet
nur ab hat donald  gesagt
damals der irre donald  wie
konnte er wagen
hat greta gesagt  die erde
hat greta gesagt lang
macht sie das nicht mehr aber
die erde hält immer noch länger  
als ein mensch aber
ein mensch hält länger als ein tier
als so ein tierchen
aber sie verzieht sich
ins dunkelste dunkel im weiten
dezember
zimmer dass keiner
mehr an sie heran kommt aber
da hilft noch nicht mal
ein licht: keine kerze aber
das ist doch praktisch sagt die
bäuerin aus der nachbarschaft
zwischen einem blech
butterkekse und dem nächsten
praktisch: da braucht man
es nicht mit ansehen
und leckt sich die unterlippe
das elend
das elend mit dem sterben aber
ich soll entscheiden
sagt die tierärztin und
sie zieht die
spritze auf
drückt die luft nach oben bis
es tropft von der lippe tropft
das elend aber
draußen ist still doch
stille nacht ave
maria sagt sie ich
heiße maria
die gebenedeite
und danach die zweite
direkt ins herz lang
wird es nicht dauern sagt sie
lang mach ich das nicht mehr
sagt sie
hier aber lang mach ich nicht mehr
sagt sie ich habe
aber  
die polkappen schmelzen trotzdem
ungerührt vor sich hin aber
die welt weint weiter gletscher
tränen aber von gefrorenen tränen
wusste schon schubert
aber der spaten
sagt sie
dringt leicht ein