Sammy meint: Paula hat's gut. Auszug aus Anne Rakel - Sammy und die Sache oder SOWAS KÖNNEN WORTE

Paula hat’s gut. Nicht besser, das sag ich nicht. Anders gut. Ihre Mom und ihr Dad lassen sie. Sie finden alles, was Paula gefällt, gut und richtig. Sie finden vor allem wichtig, dass Paula ihren eigenen Weg geht und glücklich ist. Ob Ausbil-dung oder Studium spielt keine Rolle. Sie sehen beste Grundlagen in Haus und Hof, Familie, Freunden, und der Rest kommt eh, wie er kommt. Paula hätte gern mehr Un-terstützung, da sie viele Fragen hat. Und ziemlich ehrgeizig ist. Paula findet kein Haus haben und nicht sesshaft sein viel interessanter. Sie träumt von Tiny Houses, vom Leben auf Wanderschaft, von einem Handwerk, vielleicht so wie ihr Opa was mit Glas, oder zwei verschiedenen, das oder die man überall auf der Welt ausüben kann. Sie wäre gern Va-gabund. Aber sicher ist sie sich nicht. Einmal waren ihre Eltern allerdings mehr als behämmert. Paula erzählte mir, dass ihr Bruder das Auto der Familie zu Schrott gefahren hatte, er habe wohl voll Glück gehabt. Der Wagen hatte sich überschlagen und er musste ins Krankenhaus. Der Vater musste von der Arbeit kommen, die Mama war völlig fertig. Alle haben geweint. Paula war unglücklich und hatte Angst um ihren Bruder. Sie wollte gern helfen. Als klar war, dass der Bruder nix hatte bis auf zwei gebrochene Rippen und die Sache glimpflich ausgegangen war, waren die Eltern nur noch sauer und haben fürchterlich geschimpft. Als wäre er ein Verbrecher. Das fand Paula so gemein. Ihr Bruder hatte es doch nicht extra gemacht. Es war eben passiert. Und er war im Krankenhaus und seine Eltern konnten ihm nicht verzeihen und er hatte sich schon tausendmal entschuldigt. Paula war traurig. Wir sind schaukeln gegangen. In unserer Hollywoodschaukel. Die steht heute noch hinten im Garten, wo einen keiner sehen kann. Da sitzen wir oft und bespre-chen die wichtigen Dinge. Ein Ort wie unsere Bank unten am Fluss. Wir redeten über den Unfall, Wolle, ihren Bruder und wie doof Eltern sich manchmal anstellen. Paula und ich haben dann angefangen zu singen, gesungen, was das Zeug hält, ganz laut, alle Lieder, die uns einfielen nacheinander, die Charts rauf und runter, das half super. Einfach singen, bis nichts mehr geht.   
Paulas Eltern denken übrigens auch, dass die Welt in 2035 nicht mehr so aussieht wie heute. Hallo Mom. Hallo Dad. Seht ihr. Wir haben letztens einen Bericht gesehen, wo Computermenschen gezeigt wurden, die Arbeiten ausüben, die heute noch Menschen machen. Sie sahen krass normal aus. Wie die geguckt oder gelächelt haben, geantwortet wie wir. Aber es waren Roboter. Und da das Klima im Eimer ist und wir alle schön weiter Gift und Müll verteilen, geht die Natur den Bach runter und man weiß eh nicht, wie lange noch. „Was keiner geglaubt haben wird was keiner gewußt haben konnte was keiner geahnt haben durfte das wird dann wieder das gewesen sein was keiner gewollt haben wollte.“  
Im Moment denken wir zwar weniger an Roboter, sondern viel mehr an die Zukunft. Es liegen wichtige Sachen vor uns. Praktika, Schule, Abi, FSJ, getrennte Wege. Paula München, ich Berlin. Mom und Dad England, Paulas Family zu Hause. Thea futsch, Tante Valeria im Himmel, Kathi wahrscheinlich Jura in Münster. Nina geht wieder zur Schule, Paolo spielt in einer Band. Alles wächst. Hilfe.

aus:

Anne Rakel

Sammy und die Sache

oder

SOWAS KÖNNEN WORTE

Geest-Verlag 2020

2. Auflage Januar 2021

ISBN 978-3-86685-822-0

Klappbroschur, Munken-Papier

ca. 168 Seiten,

11 Euro

 

"Hoi. Ich bin Sammy.“ So beginnt die Geschichte dieser besonderen jungen Frau, die uns teilnehmen lässt an ihrem Leben zwischen Schule, Freizeit, FSJ und Universität. Sie ist immer auf der Suche nach dem perfekten Satz, sucht in Literatur, Philosophie, Kunst, Naturwissenschaft und in sich selbst. Sie will sich mit Menschen umgeben, die ebenso wie sie und ihre Freundin Paula viele Fragen an das Leben haben und der Sache auf den Grund gehen wollen: Was geschieht? Und was bedeutet das, was geschieht?

Ein auch sprachlich faszinierendes Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen mag. Oldenburgs Bürgermeisterin Germaid Eilers-Dörfler schreibt nach der Lektüre begeistert in ihrem Begleitwort: „Sammy macht uns klar, ... es geht nicht darum, Theorien, Geschriebenes und Gedachtes als Moment für benotetes Wissen zu erlernen, sondern es in seiner Bedeutung für eigenes Leben und Gesellschaftlichkeit zu hinterfragen und durch eigenes Denken und Fühlen zu erweitern."

„Ich mag Denken. Denken verändert die Welt. Gedanken, die Arbeit machen. Die den Kopf was kosten. Ich guck gerade übrigens in die Sterne und könnte schon wieder ausflippen. Zu schön das alles. Zu groß. Ein Leben reicht nicht aus, das alles zu begreifen. Wir sind auch so ein kleiner Stern wie die da oben. Über und unter uns nur Universum. Oder? Vielleicht sollte ich Astronautin werden. Wie Juni. In Space-Girls. Ist die Suche nach dem perfekten Satz bescheuert oder einfach mein Ding? Fragen über Fragen. Herrje. Gute Nacht. Morgen wieder geöffnet ab 9:30 Uhr.“

Anne Rakel lebt und arbeitet seit 2011 in Oldenburg, ist seit 25 Jah­ren verheiratet, mag alles Mensch­liche und spielt gern mit den viel­fältigen Möglichkeiten von Wort und Humor. Als Geisteswissen­schaftlerin und Pädagogin weiß sie um die Bedeutung von Sprache für soziale Interaktion und die Her­stellung von Wirk­lichkeit.  
Veröffentlichungen: Valeria und Marie (2018); Mehr von Valeria und Marie (2019); Valeria und Marie gehen ihren Weg (2020); Das Märchen vom kaltherzigen König (2020).

 

und hier geht es zu einigen Hörausschnitten

http://geest-verlag.de/audio/anne-rakel-sammy-und-die-sache-oder-sowas-k...

http://geest-verlag.de/audio/anne-rakel-auszug-aus-sammy-und-die-sache-m..

Artikelnummer: 978-3-86685-822-0