Schreibtipp: Weise und Waise

Weise und Waise
 
Vielleicht ist Ihnen ja auch schon einmal aufgefallen, dass Wörter mit ai fast immer ein Pendant mit ei haben, das etwas völlig anderes bedeutet: Waise – weise, Rain – rein, Saite – Seite. Diese Wörter waren im Mittelhochdeutschen lautlich durchaus unterscheidbar, so hieß die Weise im Mittelhochdeutschen noch "wise" und die Waise hieß "weise".
 
Doch verschiedene lautliche Prozesse führten dazu, dass sich sogenannte Homofone bildeten, also Wörter, die gleich klingen, aber unterschiedlicher Herkunft sind und daher auch unterschiedliche Bedeutungen tragen. Zum einen wurde bei mittelhochdeutschen Doppellauten wie z. B. dem ei der erste Vokal etwas tiefer, zum anderen entwickelten sich lange Vokale wie das lange i zu Doppellauten wie ei.
 
Um diese Wörter zumindest grafisch voneinander zu trennen, schrieb man die aus dem langen i entstandenen Formen mit ei, während für die Formen, die aus der Vokalsenkung entstanden waren, die Schreibung mit ai aufkam. Somit wird im Neuhochdeutschen immer dann mit ai geschrieben, wenn gleich klingende Wörter voneinander unterschieden werden sollen.

 

aus dem Duden-Newsletter April 2011