Selma Matter mit Eindrücken aus Israel (und Palästina)

Selma Matter ist gerade einen Monat durch Israel, Palästina und Jordanien gereist. 
Die 1998 geborene Zürcherin verbrachte das letzte Jahr großteils zwischen ihrer 
Heimatstadt und Westdeutschland, wo das Theater sie hinzog. Sie schreibt literarische 
wie journalistische Texte, die sie seit 2016 veröffentlicht.

Die 20jährige Autorin fiel uns durch ihrne wunderbaren Beitrag 
in der Anthologie 'Wer eigentlich bin ich?' auf. Verlagsleiter Alfred Büngen 
bat sie, Momente ihrer Reise durch Israel, Plästina und Jordanien in diesen Tagen 
zu schreiben, um sie hier zu veröffentlichen.

Dafür einen herzlichen Dank


Tel Aviv, 17. April 2018

Zum Gedenken gefallener Soldaten fliegen Kampfjets tief über Jaffa. 
In Viererformationen scheinen sie die teils noch vom letzten Krieg beschädigten Häuser 
streifen zu wollen.
Abends ertönt die Sirene zur Schweigeminute; wer reden wollte, würde sein eigenes Wort 
nicht verstehen. Die mit Nationalfläggchen verzierten Autos auf den Straßen bleiben stehen. 
Auch überall sonst flattert der Davidstern auf blauem Grund.


23. April 2018, Jisr az-Zarqa

Ein knapp Fünfzehnjähriger serviert Kaffee. Er sagt immer wieder „Please! Please!“, 
weil sein Englisch nicht mehr Worte zulässt und lächelt durch die braunen, kaputten Zähne 
an einer Zigarette vorbei.
Der Junge lebt in dem einzigen rein arabisch besiedelten Dorf an der israelischen Mittelmeerküste. 
80% der Menschen hier leben unter der Armutsgrenze, das Durchschnittseinkommen ist rekordtief.
Im Süden schirmt sich die reiche Ortschaft Caesarea durch einen Erdwall ab, 
angeblich gegen Muezzin und Armutskriminalität. Östlich trennt der 
Highway Jisr az-Zarqa vom Landesinneren. Im Norden der Nationalpark.


1. Mai 2018, Hebron

Die Straße nach Hebron führt vorbei an jüdischen Siedlungen, die man unschwer 
an ihrer genormten Bauweise erkennt. Dazwischen palästinensisch bewohnte Häusergruppen.
Vor der Moschee essen uniformierte Teenager Wassereis, das Maschinengewehr umgehängt. 
Fünf Meter entfernt werden Kufiyas verkauft.
Ein Kind ruft den Besuchern zu: „If You continue on this street, they will shoot You.“ 
Die, das sind israelische Soldaten. Denn die verlassene Straße führt zu einem jüdischen 
Siedlungsgebiet inmitten der Stadt, welches von einem Großaufgebot des israelischen Militärs 
bewacht wird.


..., Eilat

Der indische Jude am Steuer sagt, man müsse den Feind kennen. Er selbst ist CEO 
einer jüdischen Anti-Vergewaltigungsliga und überzeugt, das wahre Ziel der Muslime 
zu kennen. „They want to destroy us. They grab us by our weakest part: 
They take the women and they violate them. 
Because they want to destroy us.“


14. Mai, Jerusalem

Morgens tanzen Männer mit Kippa am Rand des arabischen Suk einen Volkstanz und rufen 
etwas mit Frieden.
Auf der Straße singen Schülerinnen schief den Eurovision-Song Israels in ein Mikrophon, 
Passanten klatschen. An den Straßenrändern Plakate: „Trump is a friend of Zion“ und „Make Israel great“. 
Ein paar Straßen weiter schwenkten Demonstranten Transparente. „Make America small again.“