SZ schreibt über die Buchpremiere von Gabriele Höpken

Gabriele Höpken schreibt Gedichte von Menschen ohne Glück

(SZ online vom 22.03.2010)

 




Gabriele Höpken stellte am Samstag in Kißlegg den
Gedichtband „Zweiseitenland“ vor. Besonders wichtig ist der Lyrikerin,
die seit zwei Jahren in der Gemeinde lebt, ein Gedicht über ein Mädchen
mit Down-Syndrom.

(KISSLEGG/sz) „Zweiseitenland“
ist der Titel des umfangreichen Gedichtbandes von Gabriele Höpken. Die
Autorin hat sich schon seit frühester Jugend mit Literatur beschäftigt,
trotzdem sollte es lange dauern, bis ihr erster Band erschien. Am
Samstagabend war für Gabriele Höpken Premiere im Kißlegger Neuen
Schloss. Es war ein Lyrikabend im feudalen Ambiente des Bankettsaales,
musikalisch umrahmt mit Musik und Gesang – vom Feinsten.

Von
unserer Mitarbeiterin  Gabriele Hoffmann

Gabriele Höpken war nicht
allein bei ihrer Buchvorstellung. Sie hatte als Moderatorin die
Berliner Schauspielerin Katharina Koschny mitgebracht, von der auch das
einfühlsame Vorwort stammt. Wundervoll passend zur feinen Lyrik der
Autorin war die musikalische Umrahmung durch die Sopranistin Elke Röder
und den Pianisten Klaus Höck mit Liedern von Schubert, Mozart, Debussy,
Mahler sowie spanischen Kompositionen.

Verleger Alfred Büngen vom
Geest-Verlag in Vechta-Langfördern hielt die Laudatio. „Es ist ein
seltsames Ding, die Lyrik“, sagt er. Fast jeder habe sich schon einmal
daran versucht und sei es nur mit einem Liebesbrief. 20 bis 30
Manuskripte bekommt der Verlag nach Büngens Worten tagtäglich zugesandt,
doch von rund 170 Exemplaren schaffe nur eines die Veröffentlichung.
„Das allein ist schon eine Auszeichnung.“

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Die
Lyrik begleitet den Menschen ein Leben lang, fuhr der Verleger fort.
„Lachen und weinen, das sind Gedichte“, sagte Böger, der erstaunt war ob
der zahlreichen Besucher. Katharina Koschgny legte noch nach: „Wenn in
Berlin fünf Hörer zu einer Lyriklesung kommen, dann sind das schon
viele.“ Das Lob für das reiche kulturelle Angebot in Kißlegg wurde von
stellvertretendem Bürgermeister Dr. Friedrich Rockhoff gerne entgegen
genommen. „Erfolg braucht Zeit“, sagte Rockhoff mutmachend an die
Autorin gewandt.

Die gebürtige Thüringerin Gabriele Höpken ist
noch vor dem Mauerfall 1989 über die Prager Botschaft in den Westen
gelangt. Seit knapp zwei Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Kißlegg,
davor war sie vier Jahre in Mötz in Tirol in Österreich. Hier ist der
enge Kontakt zum Maler Gerd Schmid entstanden, der den Lyrikband
illustriert und für die Lesung einige großformatige Illustrationen
mitgebracht hatte. Literarisch war Gabriele Höpken schon seit ihrer
Kindheit aktiv, sie hat Prosa und Gedichte in verschiedenen
Zeitschriften veröffentlicht.

„Meine Lyrik ist ein Versuch,
Lebensgeschichten sichtbar zu machen, auch von Menschen ohne Glück“, so
die Autorin. Gabriele Höpken hat ihre Lyrik in einen Zyklus eingebunden
von Geburt und Kindheit, über das mittlere Alter bis hinzu Tod und
Vergehen und zum Wiederbeginn des Kreislaufes.

„Erinnerung
hinterlässt Spuren, die wir nicht mehr gehen könne“, so die Lyrikern.
Ihre einfühlsame Bildersprache lässt Landschaft und Menschen vor dem
geistigen Auge entstehen. Als ihr besonders wichtig, beschrieb die
gelernte Krankenschwester und diplomierte Heilpädagogin ihr liebevolles
Gedicht über ein Mädchen mit Down-Syndrom. „Tanzend, nach einem
Pusteflöckchen haschend, blicken Flüchtige kühl zu ihr und reden ohne zu
wissen von mongoloiden Gesichtszügen.“ Gereimt und lustig folgte dann
ein Ausflug in die Manege zur „Clownerie”.

„Die Liebe ist der
strahlende Grundstein des Lebens, eine innigere Stütze suchst du
vergebens“, hat sie ihren Abschnitt über Liebe und Glücksgefühle
überschrieben. Weg von schwärmerischer Liebe brachte ihr die
„Kontaktanzeige“ befreiendes Gelächter ein. Die Verliererseite
beleuchtet Gabriele Höpken im Fünfzeiler „Rien ne va plus“ oder der
Trilogie „Im Casanova“. Dazwischen rezitierte Katharina Koschny das
erschütternde „Gejagte Jäger“, das vom Schicksal der Haifische handelt,
die bei lebendigem Leibe ihrer Flossen beraubt und dann im Meer entsorgt
werden. „Wer ist hier die Bestie“, stellte sie als Frage in den Raum.

Die
Zuhörer bedachten Gabriele Höpken immer wieder mit Zwischenapplaus und
reichlich Schlussapplaus Sinnenfreudiger Abschluss der Lesung war ein
von den Schülern der neunten Klasse der Kißlegger Realschule
zubereitetes opulentes kaltes Büffet.

(Erschienen:
21.03.2010 13:55)