Thema Alltag: „Lesebuch für die Wesermarsch" sucht Autoren / Texte können noch bis Ende des Monats eingereicht werden



„Mein Leben setzt sich zusammen:/ Ein Tag wie dieser. Ein anderer Tag." So beginnt ein Gedicht der 2011 verstorbenen ostdeutschen Dichterin Eva Strittmatter, in dem sie die Gleichförmigkeit ihres Alltagslebens schildert: „Was soll schon Großes kommen?/ Man steht auf, man legt sich hin." -- Gedanken, die einem bekannt vorkommen mögen, Gedanken, denen das künftige „Lesebuch für die Wesermarsch", das im Oktober im Rahmen der Sechsten Berner Bücherwochen erscheinen wird, nachspürt.

Mit Beiträgen, die dem Alltag auf der Spur sind, haben sich bereits über hundert Menschen aus dem Landkreis und der Region Wesermarsch an der laufenden Ausschreibung zu dem geplanten Buch mit dem Titel „Alltag, Alltag, jeder Tag" beteiligt. Wie das Strittmatter-Gedicht verhandeln auch die eingereichten Texte -- Erzählungen, Gedichte, Briefe -- die Immerwiederkehr des Alltäglichen. Aber sie zeigen auch Unterschiede auf, Unterschiede in der Gestaltung des Alltags, Unterschiede in seiner Bewertung und Empfindung. Der Senior, der sich seinen Tauben oder einem anderen Hobby widmet, hat ganz anderes im Sinn als die Landfrau, die morgens um fünf aufsteht, um Kaffee für Mann und Söhne zu kochen. Und was die Schülerin, die sich mit gesträubten Nackenhaaren dem nächsten Schultag und dem doofen Mathelehrer entgegenärgert, mit „Alltag" verbindet, ist völlig verschieden von dem, was jemand denkt, der längere Zeit an sein Bett gefesselt zu verbringen hat.

„Und was bedeutet Alltag für Sie?" Wer sich dazu äußern und seine Gedanken einem Lesepublikum mitteilen möchte, kann noch bis zum 31. Juli (Datum des Poststempels genügt)  seinen Text oder seine Texte einreichen bei  Reinhard Rakow, Ollener Straße 2, Berne (tel. 04406-920046). Einzelheiten sind im Netz nachzulesen unter www.reinhardrakow.de. Eingereicht werden dürfen bis zu 15 Seiten, verteilt auf maximal drei Texte. Texte auf Platt sind willkommen. Es werden auch handschriftliche oder mit Schreibmaschine erstellte Texte angenommen. Teilnehmen kann jeder, der im Landkreis  Wesermarsch wohnt oder sonst zehn Jahre in der Region Wesermarsch („Landschaft Wesermarsch" mit den Landkreisen Wesermarsch, Cuxhaven, Osterholz und Bremen) verbracht hat. Welche Texte ins Buch aufgenommen werden, entscheidet eine Jury, bestehend aus Helga Bürster (Autorin), Dörte Spiekermann (LEB Wesermarsch), Alfred Büngen (Verleger) und Reinhard Rakow (Organisator) unter Ausschluss des Rechtsweges.

„Alltag" ist ein Gemeinschaftsprojekt der Ländlichen Erwachsenenbildung LEB Kreisarbeitsgemeinschaft Wesermarsch, dem gemeinnützigen Verein "Kultur vor Ort" Berne und dem Geest-Verlag Vechta, der auch das neue „Lesebuch für die Wesermarsch" im Rahmen der bevorstehenden Berner Bücherwochen veröffentlichen wird. Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Wesermarsch durch ihre Buchprojekte -- „Wenden", „Manche schlafen ein mit der Katze" und „Liebes Geschichten" -- als „Bastion der Literaten" mit überregionaler Leuchtkraft bewiesen. Die meist drei- bis vierhundert Seiten starken Bücher sind nicht nur bei ihren Autoren  sehr beliebt, sie werden auch gerne an Verwandte, Freunde und Bekannte verschenkt und finden so Verbreitung in ganz Deutschland. Und: Es wird auch mit Begeisterung daraus vorgelesen, etwa im Rahmen nachmittäglicher Klönschnacks, organisiert von Autoren, die es ins Buch geschafft haben.

Wer diesmal im Buch dabei ist, erfährt die Welt am 03. November. Dann nämlich feiert das "Alltag"-Buch im Museum Nordenham Premiere, wie gewohnt mit Lesungen der beteiligten Autoren. Was sie wohl vorzulesen haben werden? Vielleicht lauerte ja auch im drögen Alltag des einen oder anderen Wesermarsch-Schreibers ein kleines persönliches Wunder. So wie oder ähnlich wie bei Eva Strittmatter, deren Gedicht folgendermaßen endet: „Und alles kann ich noch werden,/ Was ich nicht geworden bin./ Und zwischen Himmeln und Erden/ Ist wieder Anbeginn."