Tina Homburg - Spoken Word: „Von einer, die in Happyland wohnte und eines Tages die Landesgrenze erreichte“ (Antirassismusaktion 'Vor allem anderen bin ich Mensch'

Spoken Word: „Von einer, die in Happyland wohnte und eines Tages die Landesgrenze erreichte“ [Tina Homburg]

hier auch als video: https://youtu.be/Q5fsFpEykDY
Requisite: Pult/Barhocker, Tasche mit Textstreifen/ Karten
Tina kommt mit kleiner Umhängetasche, spricht zügig; zu gegebener Zeit setzt sie die Tasche ab, stellt diese auf einem Hocker ab, zieht eine lange Banderole heraus mit den genannten weißen Privilegien, lässt diese dann hinter sich fallen, zieht sie über die Bühne, lange Reihen/Fülle entsteht
Musikuntermalung: Piano-Style, passend zu Song „Fresh Wind“ von Hillsong
Einbettung in Gottesdienst: vor der Predigt/ nach der Predigt
Handout zur möglichen Weiterarbeit: Linkliste für Interessierte verfügbar machen, zum persönlichen Weiterdenken, Insta Live/ Insight dazu?


Happyland,
ein Zustand, ein Ort,
das Land,
in dem wir leben.  
Hier sind wir uns einig:
alle Menschen sind gleich,
gleich wertvoll
gleich ob schwarz oder weiß,
gleich ob arm oder reich.
Das ist Happyland.
Hier tragen wir rosahautfarbene Brillen,
was wir sagen ist nie bös gemeint, stets nur gute Absichten.

Mein jüngeres Ich, 12 Jahre, ganz unbedarft,
und wissbegierig im Dschungel der Kulturen,
neben mir in der Schule, Alia,
meine beste Freundin,
geboren in Deutschland, ihre Eltern aus Pakistan!
In ihrem Zuhause eine bunte Mischung aus Sprachen,
Gebetsteppichen und intensiv
duftenden Gewürzen in der Küche.
Wir beide, ein Herz und eine Seele.  
Lauthals sangen wir ihr Lieblingslied:
 „No matter if you´re black or white“

Doch dann mit den Jahren entstand in mir eine Unsicherheit:
Was darf Mensch sagen? Und was verursacht Leid?
Bist du „schwarz“ oder „braun“ oder einfach „farbig“?
Ist Schwarz, Gelb, Braun überhaupt zutreffend - als Bezeichnung für Menschen?
Sind das nicht nur Farben?

Und dann eines Tages  
hörte ich andre Worte,
las alte Texte,
öffnete neu meinen Sinn und meine Augen.
Tupoka Ogette zeigte mir Happyland.
Und so bewegte ich mich,
zögerlich nur,
immer näher an den Rand
meines gemütlich
eingerichteten Heimatland.
Unterwegs in Richtung Landesgrenze
erkannte ich
Vorteile, Chancen, Selbstverständlichkeiten - für mich.
all diese Dinge, die faktisch nicht alle Menschen haben,
genießen, bei sich tragen,
jedenfalls nicht Alia auf der Schulbank neben mir. //

Ich steck in dieser Haut, ich kann nicht einfach raus,
du steckst in deiner Haut, du kannst nicht einfach raus,
unsere Haut – nenn sie weiß, nenn´ sie Creme, nenn sie schweinchenrosa oder nenn sie beige!
Es liegt doch auf der Hand:
Wo ich VORteile habe, haben andere NACHteile!  
Wo Verlierer sind, gibt es auch Gewinner.
Peggy, eine alte weise Frau,
verlieh mir Worte für das bisher unaussprechliche,
– diese, meine weißen Privilegien:

1.    ich kann frei entscheiden die meiste Zeit in der Gesellschaft von Menschen zu sein die wie ich weiß sind
2.    ich kann alleine einkaufen gehen und sicher sein, dass ich nicht verfolgt oder belästigt werde

3.    ich kann den Fernseher einschalten oder eine Zeitschrift lesen und dabei davon ausgehen, dass Menschen gut repräsentiert sind die wie ich weiß sind
4.    ich kann ziemlich sicher sein, dass Lehrer und spätere Arbeitgeberinnen meine Kinder akzeptieren werden, solange sie sich dementsprechend verhalten. Niemals wird meine Hauptsorge um ihre Entwicklung die Frage nach der rassistischen Haltung anderer sein.

5.    ich kann fluchen, mit vollem Mund sprechen, mich daneben benehmen ohne, dass Menschen, das darauf zurückführen, dass ich weiß bin
6.    wenn ein Verkehrspolizist mich herauswinkt, kann ich gewiss sein, dass ich nicht ausgewählt wurde, weil ich weiß bin
7.    ich kann jederzeit Bilderbücher mit weißen Charakteren kaufen oder Puppen und Spielfiguren mit weißer Hautfarbe
8.    Ich kann sicher sein, dass der heilige Jesus, der in meiner Kinderbibel dargestellt wird, mir entspricht, denn auch er ist weiß

9.    ich kann zu spät zu einem Meeting kommen ohne dass die Verspätung darauf zurückfällt, dass ich weiß bin
10.    ich kann Abdeckstifte, Pflaster oder Strumpfhosen in „Hautfarben“ nehmen und sie passen mehr oder weniger zu meiner Haut
11.    Ich kann alleine oder mit meiner Familie reisen, ohne mit Verlegenheit oder Feindseligkeit zu rechnen
12.    ich kann sicher sein, wenn ich rechtliche oder medizinische Hilfe benötige, der Fakt, dass ich weiß bin, nicht gegen mich arbeiten wird
13.    wenn meine Kinder oder ich vor die Tür gehen, macht niemand affenähnliche Geräusche hinter unserem Rücken
[Pause]

All diese Privilegien – sie schweben stets über mir.
Aber was ist mit meinen Freundinnen Alia, Joelle und Azada?
Leben sie ihr Leben, ihren Alltag auch auf diese Weise?
Wohl kaum! [Kopfschütteln]
Und das nur, weil ihre Haut nicht weiß ist, so wie meine?!
 - war ich mir dessen bewusst?
Nein! ... (PAUSE, bedächtiges Kopfschütteln!)

Hier stehe ich
am Anfang meiner Reise,
Erkenne, dass da noch so viel mehr ist.
Mehr als meine kleine
Mehr als meine weiße
Mehr als meine privilegierte Welt.
Hier stehe ich
und frage mich:
Wie es mit der Menschheit weiter geht?
Wie große Träume von Gerechtigkeit zur Wirklichkeit werden?
Ich weiß es nicht,
aber ich spüre: du und ich,
wir sind unterwegs und das ist ein guter erster Schritt.
Raus aus Happyland, hinein in die weite Welt.


BLACK, eingeblendete Schrift zum Abschluss
Als Gott die Menschen schuf, machte er sie nach seinem Ebenbild.
Er schuf sie als Mann und Frau, segnete sie und nannte sie »Mensch«.
Die Bibel  -  Genesis 5, 1+2
 

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