Trauerfeier für Heinrich Rahn am heutigen Do.,13. Januar 2022 auf dem Waldfriedhof Wiesbaden-Dotzheim



Die Trauerfeier für Heinrich Rahn findet am 13.01 um 13h auf dem Waldfriedhof  Wiesbaden - Dotzheim statt
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Den Wettlauf mit dem Tod haben wir gemeinsam mit Heinrich Rahn gewonnen. Sein neues Buch ist noch vor Weihnachten herausgekommen und hat bereits eine Reihe von Lesern gefunden: 'Märchen aus dem Rhein-Main-Gebiet und aus anderen Sphären'. Und es steht beinahe symbolisch für sein Leben. Seine wunderbaren phantastischen Märchen, begleitet von eindrucksvollen Bildern der jungen Malerin Miriam Bornewasser. Wie froh sind wir, dass wir das noch gemeinsam schaffen konnten. Und wie froh sind wir, dass er den Band noch in seinen Händen halten konnte.

Heinrich Rahn ist in den beinahe 20 Jahren, die wir ihn kennen, ein ganz wichtiger Freund und Autor unseres Verlags geworden. Nie werde ich vergessen, wie er zusammen mit seiner Frau auf dem letzten Literarischen Sommerfest des Verlags hier in Langförden weilte und sich als älterer Herr mit weit über 70 Jahren in die Runde des Schreibworkshops mit vielen jungen und ganz jungen Autor*innen begab und alle begeisterte mit seinen Geschichten und Erzählungen, mit all seiner Kraft, die ihm das Leben gab. Nie vergesse ich die Abende und Tage, die man gemeinsam  bei Treffen der russlanddeutschen Autoren in Oerlinghausen gesessen hat. Verschmitzt, stets positiv gestimmt und mit einem Schalk und einem Lächeln hörte er zu und mischte sich viel zu selten in das Gespräch. Immer neugierig, Neues zu lernen, zu erfahren, sich nie mit seinem eigenen Schreiben in den Vordergrund drängend. Ja, zu oft war er zu zurückhaltend, beinahe schüchtern gegenüber seinem literarischen Können, ließ den Ellenbogen-Menschen den Vortritt. Bescheiden war er, von einer unglaublichen Liebenswürdigkeit. Spät erst erkannte eine literarische Öffentlichkeit seine Qualität und  er wurde in der letzten Phase seines Lebens vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. Eine besondere literarische Anerkennung oder Auszeichnung wurde ihm leider auch nicht aus dem Kreis der russlanddeutschen Autoren, denen er viele Jahre angehörte, oder anderen Autorenkreisen zuerkannt. Seine Literatur war den meisten Menschen zu phantastisch, zu wenig erkannte man seine sprachliche Kraft, sein Können. Zu fremd waren vielen Menschen seine Gedanken. Es bleibt zu hoffen, dass er diese Anerkennung posthum erfährt.

Wichtige Stationen seines Lebens seien kurz umrissen:

1943 wurde er in Sparau, einem Dorf in der Ukraine, in einer deutschen Familie geboren. Nach dem Krieg wurde seine Familie erst nach Nordsibirien deportiert, dann nach Kasachstan. In der Stadt Schtschut­schink absolvierte er 1965 eine Inge­nieurschule und arbeitete dann in verschiedenen Baukombi­naten als leitender Bauingenieur. Die mythische Welt der ukrainischen Literatur prägte ihn entscheidend in seinem eigenen Schreiben. Viele Elemente seines Lebens in der Ukraine fließen in den Roman 'Der Jukakire', der 2008 bei uns im Geest-Verlag erschien, ein. Ein Debutroman, mittlerweile in mehreren Auflagen erschienen, der von seinem faszinierenden Schreibvermögen zeugt. Ab 1990 ist er in Deutschland in ver­schiedenen Archi­tek­turbüros tätig gewesen. Im Ruhestand konnte er sich ganz auf seine schriftstellerische Leidenschaft konzentrieren, der er seit seiner Kindheit treu geblieben war. Im Geest-Verlag erschienen von ihm folgende Romane: Der Jukagire (2008),  Aufzug Süd-Nord (2011), Die Birkeninsel (2018) und die Märchen aus dem Rhein-Main-Gebiet (2021). Dazu veröffentlichte er Lyrik und Prosa in zahlreichen Anthologien und Literaturzeitschriften.

Besonders stolz war er stets auf seine Familie, die ihm gerade in den letzten Jahren seiner Erkrankung immer wieder Lebensantrieb war. Und wie wunderbar, dass er im Kreis der Familie sterben durfte, vorher noch im Kreis der Familie Weihnachten feiern konnte.

Heinrich wird uns stets ein wichtiger Teil unseres Verlags bleiben. Vor allem wird er mir als Verleger ein Freund bleiben, ein Mensch, der mich begeisterte mit seiner Sicht auf das Leben, mit seiner Sicht auf die Literatur. Er wird ein unersetzbares Loch in unsere Herzen reißen.

Die Beisetzung von Heinrich Rahn wird am 13. Januar 2022 stattfinden.

Wir wünschen der Familie alle Kraft, den Verlust des Mannes und Vaters zu überstehen. Ich bin mir sicher, er selbst würde sich ein phantastisches Bild entwerfen, dass er als einer der Bäume in der Umgebung der Wohnung seiner Familie weiter bei ihr weilt und ihnen gelegentlich zuzwinkert. Ja, Heinrich, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als wir denken - so hast du es immer gedacht.