Vor fünf Jahren verstarb Günter Ullmann - Erinnerung an einen großen Lyriker

Das Amtsblatt in Greiz erinnert mit einem kleinen Beitrag an den vor fünf Jahren verstorbenen Günter Ullmann

"Vor fünf Jahren starb der Greitzer Lyriker Günter Ullmann. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich die Todesnachricht bekam. Damals dachte ich: 'So also fühlt es sich an, wenn das Blut in den Adern gefriert.' Es war doch erst wenige Tage her. Als wir uns in seinem gemütlichen Wohnzimmer trafen, plauderten und über das neue Kinderbuch sprachen, das eben herausgekommen war: 'Die Vögel sind musikalische Leute'. Wie immer war Ullmann in Erwartung des Besuchs am Morgen zur Bäckerei in der Beethovenstraße gelaufen, um ein paar Stück Kuchen zu holen und diese zum Rührkaffee zu kredenzen. Wir sprachen über dies und das und Ullmann fiel ein, das man für das geplante Foto unbedingt die Illustratorin des Buches anrufen müsse. Sie wohne gleich in der Nähe - sprach's und eilte zum Telefon, um die Freundin zu bitten, schnell zu kommen." Evelyn Lackner-Drosdeck ließ auch nicht lange auf sich warten. Es sollte das letzte Foto sein, das ich von Ullmann fertigen würde. Als ich seine Frau Geli m August des Jahres 2011 besuchte, schenkte ich ihr eine Vergrößerung dieses Bildes zum Andenken an diesen besonderen Moment. Was ich da noch nicht wusste: Es sollte auch der letzte Besuch bei ihr gewesen sein. Wenige Wochen später in der Adventszeit verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit auch Angelika Ullmann. Erst kürzlich hörte ich ein wunderschönes Gedicht, das Volker Müller, langjähriger Freund der Familie, ihr widmete: Des Dichters Frau.
Geboren im Jahr 1946, in einem „Privilegium aus Liebe“ aufgewachsen, ist es bald die moderne Musik, die den jungen Günter Ullmann umtreibt. Die Laube im elterlichen Garten auf dem Hainberg wird zum Musikstudio. Mit seinen Kumpeln Schotte (Harald Seidel) und Ruby (Rudolf Kuhl) beginnt eine aufregende Zeit. Auch politisch zeigt sich Ullmann interessiert, erlebt Ende der 1960er Jahre den Einmarsch der sowjetischen Truppen in der Tschechoslowakei und positioniert sich. Zum Studium nicht zugelassen, wird er nach dem Abitur auf dem Bau arbeiten. Dann die Heirat mit Geli und der Verlust der geliebten Tochter Xandra durch einen schrecklichen Unfall. Ullmann verarbeitet Trauer und Schmerz in Gedichten. Seit Mitte der 1970er Jahre befindet sich Günter Ullmann in einem „seelischen Ausnahmezustand“, wie es der Freund und Autor Udo Scheer einmal beschrieb. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns und das „Herausekeln“ Reiner Kunzes aus der DDR beeinflussen Ullmanns Leben; ebenso die Freundschaft zu Manfred Böhme. Die Staatssicherheit setzt ihm zu, die „Verdächtigungen sind ein schleichendes Gift“: Aufenthalte in der Psychiatrie folgen – die Familie steht trotz großer Repressalien durch die Staatssicherheit der DDR zu ihm. Dann der Umbruch: Zu den Samstagsdemontrationen, die Ende 1989 in Greiz beginnen, schreitet Günter Ullmann in der ersten Reihe. Reiner Kunze spricht im Januar 1990 in der Greizer Stadtkirche und lobt das „Lebenswunder“. „In den 1990er Jahren kommt Günter Ullmann mit sich ins Reine“, wie Udo Scheer resümiert. Seine Gedichte, die jahrelang in der Schublade schlummern, werden gedruckt; Greiz wird zur „Hauptstadt der Poesie“.
Am 9. Mai 2009 endet das bewegende Leben des Greizer Lyrikers. Eine große Trauergemeinde folgt Ullmanns Sarg, der im Familiengrab auf dem Neuen Friedhof seine letzte Ruhestätte findet – neben Bruder Gerhard, Tochter Xandra und bald auch seiner geliebten Frau Geli.
Günter Ullmans Werk wird unsterblich bleiben.

Antje-Gesine Marsch

 

Günter Ullmann

1940 in Greiz geboren, 1966 Abitur, konnte aus politischen Gründen nicht studieren, Arbeit auf dem Bau, nach einer Petition gegen die Abschiebung von Reiner Kunze und die Ausbürgerung von Wolf Biermann Verhöre durch die Staatssicherheit und in der Folge stationäre psychologische Behandlung. Nach der Wende Kultursachbearbeiter in der Stadtverwaltung Greiz.
Günter Ullmann malt und schreibt seit 1966.
2004 erhielt er die Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung.
Günter Ullmann verstarb im Mai 2009.