Brentzel, Marianne - Rathaussturm
Rathaussturm
Geest-Verlag 2021
ISBN 978-3-86685-824-4
225 S., 12,- Euro
Am 10. April 1973 wurde das Bonner Rathaus für kurze Zeit besetzt. Rote Fahnen hingen aus dem fenster des historisches Rathauses. Anlass war der besuch des südvietnamesischen präsidenten Thieu in Deutschland. Er galt als der Laaki der USA, der mit Folter und Unterdrückung ds Volk vom Kampf gegen die USA abhielt.
Ein Bericht über eine radikale Protestbewegung und ihre juristischen Folgen in der alten Bundesrepublik.
Die ausgiebigen Recherchearbeiten wurden von Higo Brentzel, dem verstorbenen Ehemann von Marianne Brentzel geleistet. Sie hat aufgeschrieben, ausgedacht und zu Ende geführt.
"Der Rathaussturm von 1973, den ich hier aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchte, war eine spektakuläre Aktion, die in ihren Facetten von Aktion und Reaktion symptomatisch für die alte Bundesrepublik war. Ich konnte mich bei der Recherche auf die Vorarbeiten von Hugo Brentzel, meinem 2017 leider verstorbenen Ehemann stützen. Er hat als Verteidiger die Prozesse gegen Ulrich Kranzusch sowie Jürgen Horlemann und Christian Semler begleitet. Er war nie Mitglied der Partei und wollte es auch nicht sein. Die Rathausaktion hat seine Skepsis gegenüber den politisch Handelnden noch erhöht. In einem Interview sagte er:
„Mein Bild hat sich geändert. Ich kann Organisationen, die als Kaderorganisationen arbeiten, nur als undemokratisch ansehen und nicht billigen. Das Prinzip der Gleichberechtigung der Menschen ist da verletzt. Deshalb würde ich sagen, das war eine gewisse Sumpfblüte der Studentenbewegung.“
Heute, fast 50 Jahre später, blickt man staunend und befremdet auf die Bruchlinien der Kämpfe damals. Lohnt es überhaupt, sich damit noch einmal zu beschäftigen und für wen?
Ich denke, die heutigen Kämpfe gegen die Zerstörung unserer Umwelt, gegen die Diskriminierung und Abschottung der Flüchtenden aus aller Welt, gegen Ungleichbehandlung der Frauen und den Rassismus sind keine einfache Fortsetzung alter Kampflinien. Sie versammeln u.a. in der Bewegung fridays for future sehr junge Menschen ohne ideologische Scheuklappen zu einer weltweiten Auseinandersetzung. Aber es scheint mir von Bedeutung, dass es in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits zahllose Menschen gab, die am Kampf des kleinen Volkes von Vietnam begriffen, dass dieser Kampf auch ihre Sache war, und Veränderungen global gedacht werden müssen. Das zeigt für mich, wie in einem Brennglas, der Blick auf den 10. April 1973. "