09.02.2019 - aktuelle Autorin - Irmgrad Münnich

 

Vor dem Sommer

 

 

Nun wird es wieder heller hier im Norden.

Das Licht, es kündet von des Winters Scheiden.

Der Wind ist kühl, doch schwächer schon geworden,

und erste Lämmer sind schon auf den Weiden.

 

Noch stehn sie klein und frierend bei den Müttern,

sie brauchen Wärme, Schutz und das Geleit.

Die Alten kann kein Frühjahrssturm erschüttern,

sie harren aus in Ruhe und Gelassenheit.

 

Und überall ein emsig Tun und Streben,

ein Raunen, Murmeln, manchmal auch ein Lied:

In allem ist Erwarten, Drang und Leben,

ein jeder ist voll Ungeduld, was jetzt geschieht.

 

Schon sind die ersten Gäste angekommen

und stemmen sich dem Wind entgegen.

Rasch haben sie den Weg zum Strand genommen,

was schert sie schon ein bisschen Regen?

 

Das Ferienvölkchen lässt sich nicht vertreiben,

so ist‘s wohl auch in diesem neuen Jahr.

Sie kommen, gehen, manche werden bleiben:

Es lockt das Meer, es lockt uns immerdar!

 

Im Geest-Verlag erschienen:

 

Irmgard Münnich

"Grabe, wo du stehst!"

Spatengedichte

Geest-Verlag 2017

Sonderformat 20,5 x 20,5

84 S,, Munkenpapier,

4 Farbfotos. 12,80 Euro

 

 

Irmgard Münnich
geb. 1937 in Monschau, schreibt seit ihrer Kindheit, ernsthafter seit ihrem Umzug in den Norden 1965. Seit den Achtzigerjahren verfasste sie vor allem Gedichte für die Monschauer Jahrbücher, ihre Gedichte erschienen auch in den Anthologien der Berner Bücherwochen.

Dieser Band enthält eine Auswahl ihrer Gedichte aus vier verschiedenen Themenkreisen: Natur und Jahreszeiten, Leben am Wasser, Lebensakzente, Schicksalswege. Ihre Gedichte, hand­werklich meisterhaft gearbeitet, ergreifen den Leser durch ihre intensive Bildlichkeit. Sich den Satz des schwedischen Schriftstellers und Literaturhistorikers Sven Lindqvist als titelleitendes Themas zu eigen machend, verdeutlicht sie die Möglichkeit und Notwendigkeit des Findens von Heimat für jeden Menschen.

Mein Fuß ...

Kaum setz ich meinen Fuß an Land,
spür ich ein banges Weben,
ich werde selbst mir unbekannt,
ich hab mich nicht mehr in der Hand:
Beginnt ein andres Leben?

Mir ist, als ob's ein andrer wär
in meiner eignen Schale,
als rief ich selbst mir hinterher:
Es ist ja wahr, ich bin's nicht mehr!
Wie kommt's mit einem Male?

Mein Fuß, kaum dass er sich bewegt
auf feuchten grauen Pfaden,
hat Worte in den Sand geprägt,
mein Boot hat wieder angelegt:
Beladen, ja beladen!