16. Mai 2018 - aktuelle Autorin - Helga Bürster

Helga Bürster

geboren 1961 in Dötlingen, verheiratet, drei Kinder.
Studium der Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Geschichte im fränkischen Erlangen, seitdem tätig als Autorin, Schauspielerin und Regisseurin. Veröffentlichungen un verschiednen Verlagen.
Musikalisch-literarische Bühnenprogramme zusammen mit der Musikerin Heidi Furche (Duo Fata Mortonica).
Zahlreiche preisgekrönte Hörspiele beim NDR / Radio Bremen (siehe ARD Mediathek unter Helga Bürster)

Veröffentlichungen im Geest-Verlag

 
Bankenlatein  (aus' Mühle, Mahle, Morde!') Auszug:

Gotthelf konnte sich noch gut an das letzte, verzwei-felte Gespräch mit dem Filialleiter der Bank erinnern.
»Das Qualitätsmanagement hat abgelehnt. Ich kann dir summa summarum weder einen weiteren Kredit bewilligen noch eine zinslose Stundung deiner Verbindlichkeiten zugestehen«, hatte Emil Drees gesagt.
»Du lässt mich also über die Klinge springen?«
»Tut mir leid, Gotthelf. Entweder du oder ich. Ich bin über die Grenzen hinausgegangen, was deine Kre¬dite betrifft. Auri sacra fames .« Er hob bedauernd die Hände. »Ein weiteres Darlehen ist gegenüber der Direktion nicht mehr darstellbar.«

Was, verdammt noch mal, war denn nicht darstellbar an Gotthelf Meiers Misere? Er brauchte nur ein bisschen Zeit, um seine kleine, aber exklusive Werbe¬agentur auf dem Land wieder in Schwung zu bringen! Er hatte internationale Referenzen vorzuweisen, meh¬rere Preise gewonnen und war bekannt in der Branche. Noch vor einem halben Jahr hatte die Bank ihm das Geld quasi hinterhergetragen. Und jetzt war er nicht mehr darstellbar? Gotthelf schüttelte den Kopf. Er zählte nun zu den Losern, bei deren Anblick man die Straßenseite wechselte. Aber sie würden schon sehen! Er würde es allen zeigen. Auch seinem alten Schul¬freund Drees, diesem Salonlateiner. Der hatte schon in der Schule damit genervt.

Gotthelf hatte die Mittagszeit gewählt, um die Angelegenheit ein für alle Mal zu bereinigen. Kurz vor der Mittagspause war die Bank zumeist menschenleer. Er wusste das, denn er hatte sich akribisch vorbereitet und tagelang den Eingang von seinem Küchenfenster aus bewacht. Seit der Zwangsversteigerung seines Bungalows wohnte er direkt gegenüber der Bank in einer winzigen Sozialwohnung, was sich für diesen Zweck als äußerst praktisch erwies. Er hatte die Kun¬den gezählt, hatte notiert, wann sie kamen und gingen. Einige Male war er selbst zu den Geschäftszeiten in die Bank hineingegangen, was er ansonsten vermied. Er hatte Auszüge gezogen, diverse Automaten bedient und unauffällig alles beobachtet, was im Schalterraum vor sich ging ...