17.11.2019 - aktueller Autor - Gerhard Ochs

Ochs holt in seinem im Geest-Verlag erschienen Kurzgeschichtenband ,,wiEderSehnen“ die Motive des Ver­lassens, des Zurückkehrens, des Verän­derns aufs Blatt und ersetzt das geschrie­bene Wort durch farbenfrohe Bildkons­truktionen, ganz ohne Pinsel. Nur mit einer Schreibmaschine.

Gerhard Ochs (*1944 in Karlsruhe) ist Schriftsteller. Er studierte Philosophie, Kunstgeschichte und politische Wissen-schaften an der Ruhr-Universität Bochum und lebt zurzeit in Bremen. 1977 erschien sein erster Band ,,Lebendes. Gedichte.“. Seitdem folgten zahlreiche Veröffentlichungen unter anderem bei Ritter, Residenz und Walltor.

 

Jakob von der Vogelweide

Der junge Mann war noch weit weg, die Himmelsfar-ben des Tages verblassten. Da meinte er, eine leise Stimme zu hören oder waren es die Härchen in seiner Ohrmuschel, die der Wind zum Klirren brachte? Es klang, als ob ein Satz feinen Geschirrs zerbrach. Grund genug, seine schönen Beine voranzutreiben. Die leere Welt lag schon hinter ihm, zu riesigen Schachteln aufgestapelt. Vor ihm ein dünnes Brett von bestimmter Länge, das sich über einen Abgrund legte. Drei mutige Hasen nahmen den müden Jüngling in ihre Mitte und führten ihn sicher hinüber. Bald stand er vor einer verschlossenen Höhle, die Tiere blieben zurück. Auf sein Klingeln öffnete ein liebes Mädchen, küsste und brachte ihn zu ihrem Herrn, der seine wirklich langen Haare in einem bunten Tuch vor der falschen Welt verbarg.