18. März 2017 - aktueller Autor - Winfried Arenhövel

Winfried Arenhövel

wurde 1949 in Weimar geboren. Wegen Ablehnung der Jugendweihe wurde er nicht zur Erweiterten Oberschule zugelassen. 1962-1965 Schulbesuch auf Gut Holzdorf. Von 1965-1969 besuchte er das ‘Bischöfliche Vorseminar’ in Schöneiche bei Berlin. Dort erlangte er das Abitur, das staatlich nicht anerkannt wurde. Von 1969-1971 studierte er Katholische Theologie in Erfurt, brach die Priesterlaufbahn aber ab. Trotz bestandener Eignungsprüfung wurde ein Schauspielstudium aus politischen Gründen abgelehnt. Danach wollte er Mu-sik studieren.
Weil er den Dienst mit der Waffe verweigerte, verlor er als Bausoldat seinen Studienplatz für Violine und Komposition. Nach der Heirat 1974 zog die junge Familie Arenhövel nach Greiz. Dort begann er als 2. Geiger im Sinfonieorchester. Von 1975-1979 absolvierte er ein Fernstudium an der Musikhochschule ‚Franz Liszt’ in Weimar. Seit 1992 ist er Konzertmeister der 2. Violinen der Vogtland Philharmonie. 1999 nahm er als künstlerischer Leiter die Märchenspiele auf der ‚Waldbühne Legefeld’ wieder auf. 2006 erhielt er für sein gesellschaftliches Engagement den Thüringer Verdienstorden, 2012 verlieh die Stadt Greiz Winfried Arenhövel für sein kulturelles und gesellschaftliches Engagement die Bürgermedaille in Silber.

Später, sehr viel später hat mir mein Vater erzählt, dass er in jenem Jahr, als wir rein zufällig in die verbrecherischen Machenschaften um die Holzdorfer Kunstschätze geraten sind, von unserem Dorfpolizisten Schunzbach vorgeladen worden wäre und dieser ihn massiv unter Druck gesetzt habe: Falls er nicht alle Dinge, die wir in Erfahrung gebracht hätten oder noch in Erfahrung bringen würden, an ihn melde, werde er große persönliche Schwierigkeiten im Betrieb und
überhaupt bekommen. Der Staatsapparat der Deut-schen Demokratischen Republik werde sich durch so eine Rasselbande wie uns nicht vorführen lassen und würde mit aller Härte vorgehen. Was immer er damit auch meinte. Mein Vater hat ihn reden lassen und sich klasse verhalten. Er ist Schunzbach aus dem Weg gegangen.
Wie gern wären wir das auch!

Zwei Jahre waren vergangen. Jahre, in denen unsere Ängste und Sorgen, unsere damals so unter die Haut gehenden Abenteuer beim vergeblichen Bemühen, Licht in die Geheimnisse von Güntsches Ruh zu bringen, aber auch alle Fragen um die wertvollen Holzdorfer Schätze des Kunstsammlers Dr. Otto Krebs zu klären, Stück für Stück von uns abgefallen waren. Wir vier Freunde, Grändi, Beno, Franz und ich, hingen zwar immer noch oft zusammen, hatten aber, so schien es mir wenigstens, nicht mehr den ganz engen Kontakt wie damals. Ich fand das schade! Vielleicht machten uns die schulischen Anforderungen zu schaffen? Selbst Grändi hatte zwar in Sport immer noch seine Einser, in Mathe jedoch musste er tüchtig kämpfen. Der kleine, aufgeweckte Franz hatte sich ein wenig gestreckt, war aber noch immer ein wenig linkisch und ungeschickt, wenngleich mit hellem Köpfchen. Bei Beno zeigten sich mehr und mehr gesundheitliche Probleme. Die schlimmen Ereignisse von damals, als er in unseren unterirdischen Gängen angeschossen und tagelang verschleppt worden war, lagen zwar zwei Jahre zurück, aber sie hingen ihm an, er war seitdem nicht mehr der Alte. Zunehmend anfällig, fehlte er öfters im Unterricht, und im Herbst konnte man darauf warten, dass er mehrere Wochen aus Krankheitsgründen das Bett hüten musste.
Leider waren die großen Ferien wieder einmal vorbei. Zwar hatten wir so manches gemeinsam unternommen, waren oft mit den Rädern nach Bad Berka zum Baden gefahren, auch Kranichfeld hatte ein schönes Waldbad. Aber ich könnte nicht sagen, dass etwas ganz besonders toll oder aufregend gewesen war. Mit den Eltern wäre ich gern einmal an die Ostsee gefahren, aber das war für Vaters Geldbeutel unerschwinglich.
Dass wir nur noch wenig an die damaligen Verbrechen dachten, lag wohl auch daran, dass die üble Bande uns nie mehr über den Weg gelaufen war. Der rothaarige Roland saß sicher wegen Mordes an Karl Krumbein noch im Weimarer Gefängnis. Der sich als Felix Krumbein ausgegebene Hans-Georg Polzin war tot. Er hatte nach dem Tod des echten Felix in einem Schützengraben des Zweiten Weltkriegs dessen Identität angenommen. Und die beiden anderen Übeltäter? Jener merkwürdige Zwillingsbruder von diesem Hans-Georg Polzin, den wir in den Buchfahrter Räuberhöhlen belauscht hatten, war wohl, wie wir es damals vermutet hatten – oder hatte uns das Schunzbach gesagt? – nach dem Westen abgehauen, vermutlich mit unserem schönen Bild von Manet, das wir im Holzdorfer Alpinum gefunden hatten. Schade! Einmal noch den traurigen Blick des Jungen sehen, zu dem sein Hündchen so treuherzig aufblickte!