22.05.2022 - aktueller Autor - Manfred Klinkebiel

  Manfred Klinkebiel (JOPAPA)

Ist der Oldenburger Musiker, Komponist, Maler und Autor Manfred Klinkebiel.

Erdacht hat diesen Namen übrigens seine damals vierjährige Tochter Johanna, die so das Clownsgesicht benannte, das den Umschlag des Buches ziert.

Doch JOPAPA ist noch viel mehr. Es steht bei Manfred Klinkebiel für den Versuch, in den verschiedenen Schaffensbereichen eine Ästhetik zu verwirklichen. „Diese ist entstanden aus Lebens- und Kunsterfahrungen in einer materialistisch geprägten Gesellschaft, die den leistungsfähig funktionierenden Erwachsenen als Leitfigur etabliert und das schöpferische Potential des jungen Menschen allzuschnell übergeht. Meine Vision, im Wortsinn einer echten „Tradition“ einen bereichernden, zukunfts- und lebenserhaltenden Austausch zwischen den Generationen zu verwirklichen, ist konkret und philosophisch zugleich, denn dafür müssten sich einerseits gesellschaftliche Verhältnisse ändern und andererseits auf philosophisch-ethischer Ebene eine weitaus intensivere Reflektion einsetzen über das, was heute wirklich in, mit uns und um uns herum geschieht.

Die Wahrnehmung dafür zu schärfen, ihr in der Sprache nachzuspüren und sie in ihr zu reflektieren, ist ein Anliegen meiner Texte.“

In seiner Sprache spiegelt sich dabei eine gefühlte Wirklichkeit, die sich zwischen Dokument und Utopie bewegt, gepaart mit einer immer wiederkehrenden Hinwendung zum kindlichen Wesen, sei es inhaltlich oder durch die Übernahme kindlicher Vorstellungsmomente.

Dem Leser begegnet eine Vielzahl von Formen und Inhalten – schlichte Klarheit, verspielte und sogar liedhafte Texte wechseln ab mit Texten komplexerer Struktur. Jeder Text in sich, aber auch die Texte insgesamt eine Komposition, die zu entdecken ein besonderes Lesevergnügen darstellen.

Veröffentlichungen im Geest-Verlag

 
Eckart
Ein Monolog

Tach zusammen!
Is’ mein Kumpel auch hier? Nee? Kein Wunder ... mit dem hab’ ich noch ‘n Hühnchen zu rupfen!
Und mein Platz, is’ der noch frei? Hallo ...! Ja? Na gut, dann will ich’s mir erstmal gemütlich machen ...
Wer hat denn heute überhaupt Dienst? Anja, bist du das? Oder bist du deine Kollegin? Entschuldige, sollte ‘n Witz werden – aber das krieg’ ich auch noch raus, Leute wittern.
Machste mir ‘n Weizen? Ein Kräusen bitte, aber ‘n richtig schönes! So eins wie neulich ... und langsam ins Glas damit, hörst du? Damit sich’s richtig kräuseln kann ... weißt du, ich brauch’ das jetzt, nach dem ganzen Stress.
Gestern stundenlang einkaufen, Farbe und Pinsel und so, heute alles vorbereiten und streichen – ich bin fix und fertig!
Weißt du überhaupt, dass ich mein Zimmer renoviert habe? Zwölf Quadratmeter! Was meinst du, wie viel Wandfläche das ergibt! Bin gerade durch damit, hat fast sechs Stunden gedauert.
Und jetzt hab’ ich mächtig Durst! Stell’s mal hierhin, neben meine rechte Hand, da muss ich nich’ so lange suchen ... danke dir.
Wie ich das mit dem Renovieren gemacht habe? War ganz einfach: Mein Kumpel hat mir den Farbeimer hingestellt und ‘nen Pinsel in die Hand gedrückt. Eckart, hat er gesagt, du machst das schon - immer mit Gefühl und der Nase nach. Er hat sich schiefgelacht und is’ verschwunden.
Hätt’ mir ruhig ein bisschen helfen können, der Halunke, aber er hatte was mit seiner Freundin vor ... Kannst du dir vorstellen, wie ich ausgesehen habe? Ganz weiß, auch die Nasenspitze. Manomann, hab’ mich tatsächlich eine Stunde lang gewaschen!
Bin ich eigentlich noch irgendwo weiß? Kannste mich mal eben besichtigen, Anja oder Sandra oder was? Brauchst keine Angst zu haben, bin ganz ungefährlich, außerdem dusch’ ich täglich, das gehört sich ja so, besonders, wenn man nur zwei Unterhosen hat.
Mein Kumpel sagt, ich soll zwischendurch mal die Badehose anzieh’n, so als Überbrückung ... der immer mit seinen komischen Ideen. Ich trage nämlich nich’ gerne Badehosen, weißt du, die sind so eng und so.
Einmal musste ich das machen, da war ich in England und die saubere Wäsche ging aus. Du weißt doch, dass ich Englisch sprechen kann, oder? Hab’ ich schon vor England gelernt, in der Schule, und ein bisschen danach, als ich noch normal lesen konnte ... Seit ich blind bin, frisst mich oft die Langeweile auf, und mit den Frauen geht das auch nich’ mehr so gut.
Meine letzte Freundin war schlau, die wollte nur ’n Kind von mir. Aber Dreißigjährige sind einfach zu schade für mich, verstehst du, was ich meine? Die haben eigentlich andere Männer verdient ...
Zu deiner Kollegin hab’ ich mal gesagt, sie soll doch ruhig den Laden zumachen und nach Hause zu ihrem Freund gehen. Es war schon spät und ich hab’ hier ganz alleine gesessen. Eckart, hat sie gesagt, mein Freund sitzt die ganze Zeit schon neben mir. Das konnte ich ja nich’ wissen! Was meinst du, wie wir gelacht haben! Der hat keinen Ton gesagt, stundenlang! Trotzdem war mir das unheimlich peinlich.
Ist dein Freund auch hier? Freundchen, sag’ mal piep! Hallo? Kein Piep? Dann bring’ mir doch noch ’n Kräusen! Und für dich ’ne Cola, die spendier’ ich, weil du so nett zu mir bist. Ich will aber nichts von dir, damit das klar ist! Na, dann prost! Prost mit Bier und Cola! Komm’, wir stoßen an! Bist du so weit? Aber denk’ bloß nich’, dass ich ein Säufer bin! Prost!
Ich hab’ früher mal gesoffen, aus Stress. Da hatte ich im Blindenverein den Kurs verpasst. Ich hab’ mich so geärgert, tagelang war ich sauer auf mich, denn das gibt’s nur alle halbe Jahre. Und den Kursbeitrag hatte ich auch schon bezahlt. Ganz schön teuer, so’n Kurs. Alles wird eigentlich immer nur teurer.
Was kostet denn das Kräusen? Hier, zieh’ mal ab! Ist das ’n Zehner oder ’n Zwanziger? Weißt du, das hab’ ich noch nich’ gelernt, die Scheine auseinander halten. Zehner? Okay, dann behalt’ den Rest, hab’ heute meinen Spendiertag.
Wie heißt du noch mal?