31.07.2020 - aktueller Autor - Markus Fegers

 

Markus Fegers
geboren 1955 in Mön­chen­glad­bach, arbeitet als Förder­schul­leh­rer. Ne­ben­­beruflich als Illustra­tor und Autor tätig. Als Amateur­mu­siker (Saxophon und Klarinette) spielt er in ver­schiedenen Jazzgruppen.
In der Studienzeit erste Veröf­fent­lichungen (Lyrik und Prosa). Nach län­gerer Schreibpause ent­stand seit einigen Jahren eine Vielzahl von Kurz­geschichten, von denen einige be­reits er­folgreich in Anthologien und bei Wettbe­werben platziert sind. Nun liegen end­lich seine erstem beiden eigener Er­zähl­bande vor. 2019 gewann er zudem den Kempoener Literaturpreis (Prosa).

Fegers, Markus - ...nur auf einen Kaffee. Geschichten zum Verlieben

 Fegers, Markus: Darf ich nachschenken. Neue Stories

In der Arbeit befindet sich sein dritter Band im Geest-Verlag

Himmelblau

„Für dich!“
Ich schiebe das schmale, bunt dekorierte Päckchen über die Theke.
Ein fragender Blick aus dunklen Augen.
„Ein Geschenk? Für mich? Warum?“
„Weil du einen so hübschen Namen hast.“
„Sehr witzig! Und du denkst, ich nehme das an? Nur weil du hier dauernd herumsitzt und mich an-starrst? Ich weiß nicht mal wie du heißt!“
„Felix“, sage ich. „Ich bin Felix.“
„Felix also. Okay, Felix, was willst du eigentlich von mir?“
„Dass du dieses Päckchen aufmachst“, sage ich. „Bitte!“
Ein Ruf aus der Küche: „Celeste, Paprika und Zwiebeln schneiden, aber pronto!“
Wortlos dreht Celeste sich um und verschwindet.
Das Päckchen bleibt unberührt und ungeöffnet.

Celeste.
Hausfarbe des Rennstalls Bianchi, würde mein rad-sportverrückter Vater sagen. Türkisblau wie das Mittelmeer.
Himmelblau, sagt mein Italienisch-Wörterbuch.

Acht Tage zuvor.
Ich saß mit meinen Freunden bei einer Pokerrunde auf unserer Terrasse, hatte mich wieder mal ver-zockt und musste Pizza bestellen.
Das Übliche: Zwei Hawaii, eine Calzone, eine Com-pleta.
Kein Problem. Nur ein rascher Telefonanruf.
„Pizzeria Zanetti, guten Tag“, sagte am anderen Ende der Leitung eine mir unbekannte Stimme. Un-bekannt, aber so aufregend, dass mein Herz einen Moment zu schlagen vergaß.
Ich verzichte auf jeden Versuch einer Beschreibung, weil mir die Worte fehlen.
Kann man sich in eine Stimme verlieben?
Definitiv ja.
Mit Mühe brachte ich die Bestellung über meine Lippen, und als Toni eine knappe halbe Stunde später vier Pappkartons aus seiner Styroporkiste hob, fragte ich: „Wer sitzt eigentlich an eurem Telefon?“
„Celeste“, sagte er, „Urlaubsvertretung für Marghe-rita. Macht achtundzwanzig fünfzig.“
„Die erotischste Stimme der Welt“, sagte ich und gab ihm dreißig Euro.
Toni nahm die Scheine, grinste und verschwand.

Die ‚Pizzeria Zanetti’ liegt unmittelbar gegenüber der nächsten Bushaltestelle und besitzt eine kleine, chromblitzende Kaffeemaschine. Mit etwas Ge-schick kann man also den Bus verpassen und seuf-zend für die immerhin halbstündige Wartezeit ei-nen Espresso ordern.
Genau das tat ich am nächsten Tag mit dem festen Vorsatz, Celeste kennenzulernen.
Okay, ich mache es kurz: Diese Stimme aller Stim-men gehört nicht etwa, wie ich erwartet hatte, einer üppigen, glutäugigen Italienerin, sondern einem dünnen, baumlangen, schwarzafrikanischen Mäd-chen.
Ich war echt geschockt. Obwohl: Irgendwie passt es schon.
Nicht unbedingt eine Afrikanerin in die Pizzeria, wohl aber das Mädchen zu dieser Stimme.