Nike Harms - Ein Tag anders (aus dem Schreibprojekt in den Berner Bücherwochen mit den 7. Klassen der Oberschule Elsfleth)

Hördatei: 

Nike Harms
Ein Tag anders


An einem Freitag sollte sich mein Leben auf dem Kopf stellen.
„Nike, du musst in die Schule.“ „Nur noch fünf Minuten, Mum“, nörgelte ich.
„Steh endlich auf!“, rief meine Mutter, die inzwischenschon zwanzig Minuten wartete.
„Na, gut. Ich komme schon“, antwortete ich mürrisch.
Doch ich merkte, dass etwas anders war.
Als ich mich hinsetzte und in meinen Spiegel schaute, schrie ich auf: „Ich bin ein Luchs?“, wimmerte ich.
Ich war entsetzt. Ich hatte gräuliches Fell, spitze Ohren mit haarigen Puscheln oben drauf und Tatzen statt Hände und Füße. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich mich über Nacht in ein Tier, in einen Luchs, verwandelt hatte.
Mit einem Mal fiel mir ein, dass ich in die Schule musste. Aber wie sollte ich das schaffen und alles meinen Eltern erklären.


Ich grübelte und war ziemlich verzweifelt. Da kam mir die Idee, dass ich ab 7.30 Uhr alleine sein werde, weil meine Eltern zur Arbeit fuhren. Bis dahin musste ich nur dafür sorgen, dass mich keiner von den beiden sieht. Also sperrte ich mich im Badezimmer ein, was gar nicht so einfach war, wenn man den Schlüssel mit einer Tatze und nicht mit der Hand umdrehen muss. Ich betrachtete mich im Spiegel.
Zuerst war ich schockiert, aber nach einer Weile stellte ich fest, wie gut ich aussah. „Eigentlich bin ich ein zwölfjähriges Mädchen mit blonden Haaren und braunen Augen. Und jetzt bin ich eine Wildkatze“, murrmelte ich vor mich hin. „Was weiß ich denn schon über Luchse? Was fressen sie und was können sie?“, überlegte ich.
Ich fragte mit der Spracherkennung meine Alexa, was Luchse für Merkmale haben. „Ich kann also schnell laufen und super gut klettern “, freute ich mich.
„Nike, wann bist du fertig? Ich muss gleich los“, schimpfte meine Mutter. „Ich komme gleich. Ich bin noch am Duschen. Ihr könnt schon los. Ich gehe auch gleich.“, log ich schnell.


Als meine Mutter weg war, schlich ich mich aus dem hinteren Teil des Hauses und sprang mit einem Satz in den Baum der Nachbarn, wo mich Don, der Nachbarshund, laut anbellte. Ich fauchte ihn an und Don versteckte sich hinterm Gartenschuppen.


Ich wollte zur Schule, um mir einen Rat von meiner besten Freundin Ida zu holen. Ich sprintete so schnell, wie noch nie, zur Schule. Kurz vor Schulbeginn kam ich in der Schule an. Naja, um genau zu sein, war ich im Busch vor der Schule und wartete darauf, dass alle Schüler drinnen waren. Als der Schulhof leer war, schlich mich aufs Vordach der Schule und schaute durch die Fenster der Klasse 7 b. Als der Schultag zu Ende ging, wollte ich zu meiner besten Freundin Ida. Wir kannten uns schon seit der Grundschulzeit und hatten schon einiges zusammen erlebt. Ich war gerade bei den Fahrradständern angekommen, da strömten die nervigen Jungen aus der 8 c zu ihren Rädern. Schnell versteckte ich mich hinter dem Schuppen vom Hausmeister. Ich sah wie meine Freundin Ida nach Hause radelte und folgte ihr unauffällig, indem ich durch die Gärten ihrer Nachbarn streifte.


Ich fing sie vor ihrer Haustür ab. Natürlich war sie sehr erschrocken und rannte in ihr Haus. Was hatte ich auch anderes erwartet. Darum sprang ich auf ihren Balkon und fing laut an zu reden. Ich wusste nicht, ob sie mir zuhören würde. Schließlich sah ich aus wie ein Luchs und hatte die Stimme ihrer besten Freundin. Ich erzählte ihr alles, was an diesem Tag vorgefallen war und bat sie um Rat.


Zum Glück traute sich meine Freundin, die Tür zu öffnen und ließ mich rein. Mühsam rätselten wir, was ich tun konnte. Wir entwickelten einen Plan, dass wir uns bis morgen verstecken würden und den Eltern einfach erzählen wollten, dass wir beide jeweils bei der anderen übernachten würden. In Wirklichkeit nahmen wir beide Zelte und Essen mit an den Strand und schlugen dort unser Nachlager auf. Nach ein paar Stunden bekam ich riesigen Hunger. Leider hatten wir unsere Vorräte bereits aufgegessen. Ida hatte die Idee, dass sie zum Strandrestaurant gehen wollte, um uns zwei Schnitzel und zwei große Pommes zum Mitnehmen zu kaufen. Als Ida mit dem Essen zu unserem Zeltlager zurückkam, verschlang ich das große Schnitzel mit einem-Biss.


Danach streckte ich mich und rollte mich zusammen in den Schlafsack. Als ich am nächsten Morgen wach wurde, sprang ich auf und zer-störte das Zelt, da ich mir den Kopf stieß. Dadurch schreckte Ida auf und freute sich riesig, weil ich wieder ein Mensch war. Wir packten rasch unsere Sachen und gingen in Richtung des Restaurants. Von dort aus ließen wir uns von einem Taxi zu Idas Haus bringen. Ich lief alleine nach Hause und tat so, als wäre nichts geschehen. Ich rannte die Treppe hoch in mein Zimmer und stellte mich vor meinen Spiegel. Ich war überglücklich, dass ich mich wieder zurückverwandelt hatte.


Auch wenn der Tag davor sehr crazy war und ich vieles nicht verstanden habe, wusste ich nun, dass meine Freundin Ida und ich unzer-trennlich sind. Egal, was auch kommt