Reinhard Rakow - Sonette gegen den Krieg (Gedicht des Tages)

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"Sonette gegen den Krieg"


Der Heimgekehrte


In meinen Träumen töte ich auch Kinder.
Sie sind des Feinds, und doch trieft rot ihr Blut:
Quellend Gedärm, roh Fleisch und offne Münder
Schau ich und rieche ihrer Flüssigkeiten Sud.

Ich fürchte mich davor, nur einzuschlafen.
Die Löcher in den Leibern hoĺn mich ein:
Sie schwären wund und wissen, wie zu strafen:
Mit leerer Augen Blick und todgeweihtem Schrein.

Die Orden, die ich trage, lohnen Treue
Im Dienst am Vaterland, die alte Litanei.
Doch fürcht´ ich mich davor, bloß wachzuwerden:

Dass ich, was war, nicht demutsvoll bereue
Aus Hass auf Feindesbrut und auf mehr solcherlei:
Dass ich, was Traum, wiederhol´ dereinst auf Erden.



2.
Wir aber sind nicht durch Kriege gegangen
Und nicht über Grenzen geflohn. Zu leben
Im Frieden zufällig, vorläufig, das Beben
Der Bomben nicht selbst zu kennen, befangen

In tumber Kommodheit, ist uns unverdient
Da ringsum Giftflammen lodern, da Schlächter
Von der Leine gelassen, da Wächter
Die Waffen entsichert, der Boden vermint

Auf Kleinkinder wartet, sie zu verstümmeln
Während andre auf Konferenzen sich tümmeln
Ungerührt, abgebrüht, von uns gewählt.

Das aber ist uns zuzurechnen, das zählt:
Dass keiner von denen sich unsere Stimme zubieg´
Jagt sie aus dem Amte, sagt Nein zum Krieg!


4.
hi kids ey! ich bin der tom und reiße
mit meiner uniform die weiber auf
als offizier weiß ich ihnen heiße
adventures zu erzähln bis in dem lauf

des matches sie sich strecken ... genau! soldat
zu sein ist vorteilhaft und bombensicher
dank festgeldkonto und bauparvertrag
die eigne maus zu hause nie glücklicher

als mit nem kerl auf den sie stolz sein kann
wir sind hoch angesehn, spezialisten
des hippen high-tech-tötens mann um mann

wir lieben geile technik und wir hassen pazifisten
die alles-mies-macher die euch zu verführn
null chance haben dank verschlossner türn


Alle Texte zum Audio in
Reinhard Rakow, Ausgewählte Gedichte Band 3, "alte fabrik"




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