Gedicht des Tages

Luisa Maureen Chilinski - Erinnerung (Gedicht des Tages)

Erinnerung

So schnell
fließt die Erinnerung
den Abfluss hinunter
grau-blasse Brühe
bedeckt als
emotionsloser Schleier den Asphalt

Bilder bleiben nur noch
tonlos im Kopf
zerrissene Fetzen
schweben unbemerkt
zu Boden

Hohl schallt die Stimme
gegen die Wände im Kopf
entferntes Echo
flieht
im leiser werdenden Klopfen
hinaus

Wenn Quellen versiegen
Bäche sich leeren
Wellen sich töten
Rauschen verstummt

dann haben wir uns vergessen

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Daniela Heyng - Staubtanz (Gedicht des Tages)



 

Über Netze alt gewoben,
durch den Staub, der fein zerstoben,
wandern zarte Sonnenfinger,
brechen durch den Gläserzwinger.

Ganz hinten an der langen Wand,
mit Holz vertäfelt elegant,
stehen Vasen, voll mit Blumen,
Jahrzehnte alt, zerfall’n zu Krumen.

Truhen, die das Licht verschlucken,
in denen sich die Motten ducken;
es malt ein Bogen hell aus Licht
in bunten Farben Schicht um Schicht.

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artur nickel - was bleibt (Gedicht des Tages)

Artur Nickel
was bleibt    

die notiz in der zeitung       
ein dürrer bericht                
worte verschlossen                                 
bilder                                                       
ein kindergesicht
der stumme schrecken
als sich der zug
in bewegung setzt                         

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Elisabeth Lichter - Der Weg steigt an (Gedicht des Tages am 17. August)

Der Weg steigt an

Die Kräfte schwach
dass du spürst
der Aufstieg soll kosten
fraglich ein Ausblick
wenn die Wasserscheide im dichten Gehölz

Abgeschlossen die Reisen auf dieser Seite
die Zeit heimholen die Bilder malen noch immer
der Arm der sich ausstreckt heute
reicht nur wenig über die Stirn

Große Worte ganz nah
Leben und Tod
der Kopf sucht seinen Ort
kein verlässlicher Grund
für den Fuß

der Weg steigt an

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Safinaz Hallioglu - Fremd und doch daheim (Gedicht des Tages)

Fremd und doch daheim

In Mamas Bauch und davor
War ich daheim
Als Baby war ich überall fremd
Wo ich die Sprache nicht verstand
Als junger Mensch war ich überall fremd
Wo ich kein Buch zum Lesen fand
Als Ärztin war ich überall fremd
Wo ich keine Patienten sah
Als Mutter war ich überall fremd
Wo ich keine Kinder hatte
Jetzt habe ich alle meine Rollen vereint
Und bin ein Menschenkind
Als Menschenkind bin ich daheim
Überall wo ich ein Menschenherz erkenne

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Wolfgang Bullerdiek - Was nun (Gedicht des Tages)

 

Man sagte mir:

Mit der Sünde kommst du
nicht ins Paradies;
dort sind nur die Reinen
und die –
die verzichtet haben.

Man sagte mir:

Das mit der Überwindung,
es ist Schwindel,
damit die, die oben sind,
besser fressen und herrschen
können.
Und es gibt überhaupt kein
Paradies!
Es gibt nur dies eine Leben,
das bald vorbei ist.

Und ich fand:

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Dieter Radtke - Bei Tagesanbruch (Gedicht des Tages)

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Dieter Radtke

Bei Tagesanbruch

Morgens    
Eine Hand auf meinem Rücken
Wir – zwei balzende Vögel
Mit aufgerissenen Augen

Im Herzen der tägliche Terror
Arbeit – um dem Sinnlosen
Etwas Sinn einzuhauchen
Und dann Brot und dann Spiele

Wir sanken in die Nacht
Als wollte sie nie enden
Aber wir sind aufgewacht –
Morgens

Die Schlagzeilen sind groß –
Bald wird jeder 100 Jahre alt –
Aber vorher richten wir
Die Welt zugrunde -

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