Ruzica Kanitz liest aus 'Die fremde Nachbarin' im Frieda Frauenzentrum in Berlin

Ruzica Kanitz
 Die nächste Lesung aus der 'Fremden Nachbarin' findet statt
 am 09.10.08 
im 'Frieda Frauenzentrum', Proskauer Str. 7, 10247 Berlin - Friedrichshain.
Mehr Infos unter 
Frieda Freuenzentrum
 

Die fremde Nachbarin

Hg. von Ruža Kanitz

"Es gibt Momente, in denen ich mich
in Deutschland unverstanden fühle und
mein Anderssein fast körperlich spüre."

Jadranka aus Kroatien

Interviews mit Migrantinnen
in Berlin

Geest-Verlag,
Vechta-Langförden 2006
256 S. - 10 Euro
ISBN 978-3-86685-010-1
Titelbild: Marion Hallbauer
Hg. von Ruža Kanitz

Inhalt und Intention des Buches

Das vorliegende
Buch ist ein Lesebuch über die Situation von Migrantinnen. Es will über
Gedanken und Gefühle informieren, die Frauen aus fast allen Teilen
dieser Welt über dieses Land und ihren eigenen Migrationsprozess haben.
Hier ist nicht über Migrantinnen geschrieben, hier äußern sie sich
selber. Manche finden das Leben in Berlin bereichernd, andere sind noch
immer nicht angekommen, einige sind enttäuscht und verbittert, andere
entwickeln sich weiter und entdecken für sich ein neues Leben. Allen
gemeinsam aber ist, gleich ob sie aus einem europäischen oder einem
außereuropäischen Land kommen, der Wunsch nach Verständnis,
Anerkennung, Gleichberechtigung und vor allem Annahme.
Das Buch
wendet sich so zum einen an die deutschen Nachbarn, die die Möglichkeit
erhalten, sich über 'die Fremde nebenan' zu informieren. Zum anderen
stellt es aber auch eine wichtige Lektüre für andere Migrantinnen dar,
gleich ob sie bereits in der Bundesrepublik beheimatet sind oder erst
auf dem Weg in dieses Land sind.


Aus dem Vorwort

Jede der Frauen hatte einen Grund, sei er persönlich,
wirtschaftlich oder politisch, um nach Deutschland zu kommen. Wie sie
sich weiter entwickelt und die Möglichkeiten wahrgenommen haben, die es
in diesem Land gibt, war nur zu oft Glücksache. Hat man einen
verständnisvollen Mann oder gute Freunde ist alles leichter. Wieso
jedoch bekommen meistens nur die Frauen eine gute Chance, die schon
jemanden hier kennen? Wieso gibt es keine Anlaufstellen, wo jeder
Migrantin, die neu kommt, ihre Pflichten und Rechte aufgezeigt werden,
aber auch die ganze Palette an Möglichkeiten, die es gibt.
Gerade Migrantinnen stehen unter einem
enormen Druck. Sie müssen sich in viele Richtungen beweisen, um etwas
zu erreichen. Alle meine Interviewpartnerinnen stehen unter der Last,
sich selbst, aber auch dieser Gesellschaft zu zeigen, wie viel sie
können. Obwohl sie vieles erreicht haben in ihren Leben, spürte ich
eine gewisse Unzufriedenheit bei fast allen Interviewten.
Kann man
sich nicht einfach fallen lassen und das Leben genießen so weit es
geht? Muten sich vielleicht manche Migrantinnen um der Integration
Willen zu viel zu und vergessen dabei sich selbst?
Wollen wir um
jeden Preis versuchen Vorstellungen von Deutschen zu ändern, das
Migrantinnen nicht viel anspruchsvollere Tätigkeiten ausüben können,
als nur zu putzen oder von Sozialhilfe leben oder ein ganzes Leben lang
Deutschkurse zu besuchen?
Mein Fehler war lange Zeit, dass ich
versuchte, mich in jeder Hinsicht anzupassen und dachte so würde ich
eine gesellschaftliche Integration erreichen. Ich wollte überall
akzeptiert werden. Ich nahm alle Kritik persönlich und grübelte nur
über mich nach. Ich habe mich an der falschen Stelle angestrengt und
meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse dabei völlig vernachlässigt.
Ständig kontrollierte ich mich: Verhalte ich mich richtig, spreche ich
die Wörter richtig aus. Und auch nach 20 Jahren meinte ich, mich noch
immer in vielen Situationen erneut neu anpassen zu müssen. Und diese
immer wiederkehrende Konfrontation mit der eigenen Identität und die
daraus resultierende Verunsicherung, die Migrantinnen erleben, kann man
nicht in wenigen Sätzen beschreiben.
Migrantinnen müssen lernen,
dass sie die Sprache und viele andere Dinge des Alltags nicht für die
Anpassung an die Deutschen lernen, sondern für sich selbst. Sich die
eigene Identität bewahren und für Neues offen sein, das ist der einzig
mögliche Weg. Es ist für eine Migrantin gleichgültig, wie gut oder
schlecht sie Deutsch spricht, entscheidend ist, ob sie die Deutschen
sie als Mensch im Privaten oder im Beruf akzeptieren. Das werden sie
jedoch nur dann vollziehen, wenn Migrantinnen eine eigene
Individualität ausprägen.

 
 

veranstaltungsdatum: 

9. Oktober 2008

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