Berner Bücherwochen - Veranstaltungsübersicht bis 10.11.2013

BERNER BÜCHERWOCHEN
ÜBERSICHT bis 10.11.2013

In Woche Vier der Vierten Berner Bücherwochen stehen Vorträge mit zwei prominenten Referenten auf dem Programm. Außerdem gibt es in Ruhwarden eine Lesung der "Hallo Nachbar"-Reihe.

-- Der Historiker Hannes Heer, maßgeblicher Mitgestalter der Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und Träger der Carl-von-Ossietzky-Medaille, spricht über den Weg "Von Wagner zu Hitler — Bayreuth und die Juden". Sein Vortrag korrespondiert mit der von ihm kuratierten Ausstellung "Verstummte Stimmen", in der er die Vertreibung jüdischer Musiker aus der Oper des "Dritten Reiches" dokumentierte. 75 Jahre nach den Novemberpogromen der Nazis zeigt er die Wurzeln des Antisemitismus auch bei Wagner und den Bayreuther Festpielen auf. (FR 8.11., 20:00, Kulturmühle Berne, Eintritt 8,00/ 5,00  )

-- Prof. Dr. Hans See, Gründer des Business Crime Control Instituts (BCCI), langjähriger Dozent an der Fachhochschule Frankfurt und beim Bundeskriminalamt, referiert über die Sozialschädlichkeit von Wirtschaftsverbrechen. "Sind unsere hoch bezahlten Leistungsträger nicht längst gemeingefährlicher sind als gemeine Bankräuber?", fragt er und ruft die Politik auf, kriminelle Ökonomie nicht länger mit Nachsicht zu behandeln. See, gelernter Werkzeugmacher, hat Mittlere Reife und Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg nachgeholt. Während des Studiums waren Abendroth, Adorno und Habermas seine Lehrer. Nach der Promotion arbeitete er zunächst über Misstände im Gesundheitswesen, bevor er sich auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte. (SA 9.11., 20:00, Kulturmühle Berne Eintritt 8,00/ 5,00  )

Am Sonntag, 10.11., lädt Silke Trolldeniers "Galerie am Wehlhamm" in Ruhwarden um 15:00 zur "Hallo Nachbar"-Lesung ein. Dabei sind u.a. Sylva Springer, Annemarie Cornelius, Irene Ulrich-Leimbach, Jens und Hans Wohlkopf und andere. Gelesen wird aus "Trotz alledem" der unter weltweiter Autorenbeteiligung entstandenen Anthologie der Berner Bücherwochen, und dem demnächst erscheinenden neuen "Lesebuch für die Wesermarsch". Der Eintritt ist frei.

Weitere Infos, komplettes Programm: www.reinhardrakow.de

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DETAIL-INFORMATIONEN

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FR 8.11.2013, 20:00
Hannes Heer (Hamburg)
Vortrag: "Von Wagner zu Hitler" - Bayreuth und ‚die Juden‘ 1876 bis 1945"
-- Der etwas andere Beitrag zum Wagnerjahr --

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Bekannt wurde der Historiker und Publizist Hannes Heer vor allem als prägender Mitgestalter der "Wehrmachtsausstellung", die als Wanderausstellung ab Mitte der 1990er Jahre zum ersten Mal auch die Kriegsverbrechen der regulären deutschen Streitkräfte in der Nazizeit dokumentierte. Heer trug damit maßgeblich dazu bei, den Mythos von der vermeintlich „sauberen Wehrmacht" zu widerlegen. Für diese Leistung wurde er 1997 mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet.

75 Jahre nach den Novemberpogromen der Nazis (7. bis 11.11.1938) hält Heer im Rahmen der Berner Bücherwochen einen Vortrag über Ursachen und Entwicklung des Umgangs mit jüdischen Musikern im Dritten Reich. Ausgangspunkt war eine von Heer und dem Musikjournalisten Jürgen Kesting erarbeitete Ausstellung  „Verstummte Stimmen. Die Vertreibung der ‚Juden‘ aus der Oper 1933 bis 1945", die bundesweit in allen Großstädten gezeigt wurde, schließlich auch von der Stadt Bayreuth und den Bayreuther Festspielen. Heer konnte nachweisen, dass antisemitisches Gedankengut schon lange vor der Machtübernahme Hitlers in Bayreuth salonfähig war und Juden bewusst diskriminiert wurden. Auch hielt er Festspielleiterin Katharina Wagner vor, eine Aufarbeitung der Vergangenheit behindert zu haben.
Wie ging Bayreuth mit Juden um? Schon Wagners Ehefrau Cosima zum Beispiel sorgte für "judenfreie" Aufführungen; in der Folge wurden „jüdische" Künstler nur eingeladen, wenn keine „deutschen" zur Verfügung standen und dann nur für die kleinen oder für die „negativen" Rollen. Mit Blick auf das aktuelle Wagnerjahr — Richard Wagner, dessen Geburtstag sich dieses Jahr zum 200. Mal jährt, betrieb mit seiner Schrift "Das Judentum in der Musik" massive Judenhetze — beschäftigt sich Heer in seinem Berner Vortrag mit den Ursachen und der Entwicklung der Judendiskrimierung von den ersten Bayreuther Festspielen 1876 bis hin zum Ende des "Dritten Reiches" 1945.

Heer hält seinen Vortrag am Freitag, 8. November, 20:00, in der Kulturmühle Berne (Maschinenhaus) (Eintritt 8,00/ 5,00 Euro, Anmeldung ist willkommen tel. 04406-920046)

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SA 9.11.2013, 20:00
Prof. Dr. Hans See (Frankfurt)
Vortrag über die Sozialschädlichkeit von Wirtschaftsverbrechen -- "Sind unsere hoch bezahlten Leistungsträger nicht längst gemeingefährlicher sind als gemeine Bankräuber?"

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Hartz IV, prekäre Verhältnisse bis hin zu bitterer Armut einerseits, überbordender Reichtum und ungenierte Verschwendung andererseits:
Wie erklärt sich, dass Jahrzehnte des Ringens um mehr Gerechtigkeit fruchtlos blieben, wie, dass die Politik scheinbar tatenlos zusieht, wie Großkonzerne nicht nur ihren Profit maßlos mehren, sondern noch dazu die Leitung der Geschicke von Ländern faktisch übernommen haben?

Antworten gibt Professor Dr. Hans See. See gilt als einer der bedeutendsten und klügsten Politikdenker unserer Zeit. Der Deutschlandfunk widmete dem heute 79-jährigen 2012 eine Zweistundensendung.
See stammt aus einfachen Verhältnissen; nach Volksschule und Lehre arbeitete er zunächst als Werkzeugmacher. Auf dem zweiten Bildungsweg holte er neben dem Beruf Mittlere Reife und Abitur nach, studierte in Frankfurt und Marburg Politikwissenschaft, Soziologie und  Philosophie. Seine Lehrer hießen Wolfgang Abendroth, Carlo Schmid und Iring Fetscher, Theodor Adorno, Max Horkheimer und Jürgen Habermas. Nach seiner Promotion leitete See die Planungskommission "Klassenloses Krankenhaus" eines Landkreises. 1976 wurde er als Professor für Politikwissenschaft, Sozialpolitik und Wirtschaftskriminologie an die Fachhochschule Frankfurt berufen. Sein Themenschwerpunkt "Sozialschädlichkeit von Wirtschaftsverbrechen" führte ihn zu langjährigen Dozenturen für das Bundeskriminalamt und die Führungsakademie der Polizei. 1981 gründete er die Organisation Business Crime Control (BCC), deren Vorsitz er bis 2011 innehatte; das BCC versteht sich als Plattform zur Aufklärung über kriminelle Ökonomie. Daneben engagiert sich See auf verschiedenen Ebenen für Kinder und Jugendliche, u.a. leitet er einen Förderverein für Lernhilfe.

See hält nichts von naiven Forderungen, den Kapitalismus abzuschaffen, sehr viel aber davon, dessen kriminellen Auswüchse konsequent zu bekämpfen, und zwar mit den Mitteln des Strafrechts. Wo das Streben, Gewinne zu erzielen, umschlägt in Betrug und Untreue, werden der Volkswirtschaft Milliarden entzogen, die anderen fehlen. See: "Ja, wir haben eine „soziale Marktwirtschaft" und christliche Parteien, die die Gesetzgebung und Regierung stellen. Ferner sind die meisten Staatsanwälte  und Richter Christen. Trotz alledem fragen sich immer mehr Kenner unserer Gesellschaft, und nicht nur linke, auch konservative, ob unsere hoch bezahlten Leistungsträger nicht längst gemeingefährlicher sind als gemeine Bankräuber."

Im Rahmen der Berner Bücherwochen referiert See am Samstag, 9. November, 20:00, in der Kulturmühle Berne (Maschinenhaus) über "Kriminelle Ökonomie und Untergrund-Kapitalismus" (Eintritt 8,00/ 5,00 Euro, Anmeldung ist willkommen tel. 04406-920046)

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SO, 10.11., 15:00
Hallo-Nachbar-Lesung in Galerie Ruhwarden
"Trotz alledem" und "Lesebuch für die Wesermarsch"

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"So ein toller, in sich harmonischer und wunderschöner Abend", schrieb eine Besucherin nach der ersten "Hallo-Nachbar"-Lesung in Berne, "Wir waren „hin und weg", erfüllt und mitgenommen in die Geschichten und Gedichte."

An diesem Wochenende laden Silke und Klaus Trolldenier ein zur zweiten "Hallo-Nachbar"-Lesung in ihre "Galerie am Wehlhamm" in Ruhwarden. Beginn ist 15:00, der Eintritt frei, Anmeldung willkommen (tel. 04736-598), aber nicht vorgeschrieben. Zuhören kann jeder, der Lust und Zeit hat.

"Hallo Nachbar — Nimm Platz, hör zu!" ist eine wesermarschweite Lesereihe, bei der Nachbarn Nachbarn an alltäglichen Orten vorlesen. Das Projekt ist Bestandteil der Vierten Berner Bücherwochen. Vorgelesen werden Kurzgeschichten und Gedichte aus der bereits erschienenen Anthologie "Trotz alledem", einem unter weltweiter Beteiligung entstandenen Buch des Geest-Verlages. Außerdem gibt es im Vorgriff auf die am 15.11. stattfindende Premiere (Weserlust Brake, 19:30) erste Kostproben aus dem neuen "Lesebuch für die Wesermarsch", das sich unter dem Titel "Manche schlafen ein mit der Katze" diesmal dem Schreiben über Tiere widmet.

Als Vorleser wirken mit Annemarie Cornelius, Seeverns, Sylva Springer, Seeverns, Annegret Martens, Ruhwarden, Brigitte Mohlitz, Tossens,  Silke Trolldenier, Ruhwarden, sowie Irene Ullrich-Leimbach, Hans Wohlkopf und Jens Wohlkopf aus Nordenham. Vorgelesen werden Texte heimischer wie überregionaler Autoren. Sylva Springer, die bekannte Schauspielerin und Rezitatorin, liest zum Besipiel einen eigenen Beitrag aus dem neuen "Lesebuch für die Wesermarsch" und Texte anderer Autoren. Auch Silke Trolldenier rezitiert eigene Gedichte aus dem "Lesebuch" und Gedichte der Berliner Lyrikerin Marianne Pumb. Andere Akteure bringen Texte teils mehrfach preisgekrönter Autoren aus dem Bundesgebiet zu Gehör.

Weitere Infos, auch zum übrigen Programm der Berner Bücherwochen: www.reinhardrakow.de