Nachbericht: Das Leben der Ilse Weber, jüdische Musikerin und Autorin Vortrag von Ulrike Migdal in der Geschwister-Scholl-Oberschule berührte zutiefst am Vormittag und Abend der vergangenen Woche



Das Leben der Ilse Weber, jüdische Musikerin und Autorin
Vortrag von Ulrike Migdal in der Geschwister-Scholl-Oberschule berührte zutiefst am Vormittag und Abend der vergangenen Woche

Im Rahmen der Antirassismusarbeit, organisiert vom Verein Kultur lebt e.V. und dem Geest-Verlag in Zusammenarbeit mit der Geschwister-Scholl-Schule und Partnerschaft und Demokratie, gab es in der vergangenen Woche am Donnerstag am Vormittag und am Abend jeweils einen Vortrag über die jüdische Autorin und Musikerin Ilse Weber durch die Bochumer Autorin und Journalistin Ulrike Migdal. Eindrucksvoll schilderte sie den Weg Webers in die ersten Ausgrenzungen, die Fortgabe ihres Sohnes in das geschützte Großbritannien, den Weg in das KZ Theresienstadt und schließlich den Gang ins Gas in Auschwitz mit ihrem Sohn und anderen Kindern. Zwei Tage vorher hatte Verlagsleiter Alfred Büngen die Schüler des 10. Jahrgangs der Schule auf diesen Vortrag vorbereitet, in einem Planspiel verdeutlicht, wie die Juden im damaligen Jahren ausgegrenzt und vernichtet wurden, gemeinsam mit den Schülern auch die nationalsozialistische Entwicklung in Vechta besprochen. So waren die SchülerInnen vorbereitet und hörten dem Vortrag Migdals intensiv zu. Auch das Publikum am Abend war erschüttert über die Lebenswege Ilse Webers. Immer wieder wurde deutlich, wie wichtig es gewesen wäre, von Beginn an gegen die Ausgrenzung und Vernichtung der Juden anzugehen. Das Schicksal von Ilse Weber soll dazu aufrufen und ermuntern. So soll auch durch weitere gemeinsame Aktivitäten durch Erinnerung demokratisches Engagement und Verhalten auch bei jungen Menschen gestärkt werden.

Ulrike Migdal
Studium der Philosophie, Geschichte und Musik in Bielefeld, Bochum und Köln. Nach der Promotion 1979 Forschungs- und Lehraufträge in Deutschland und New York, u. a. an der New School for Social Research und der Columbia University. Freie Mitarbeiterin u. a. bei der New Yorker Wochenzeitung „Aufbau“. Ausstellungen - Zeichnungen, Malerei - in Deutschland und Schweden. Freie Schriftstellerin, Dozentin und Autorin für den Rundfunk, u.a. den Deutschlandfunk.

Hörspiele, Theaterstücke, Lyrik, Kurzgeschichten und Essays. Publikationen zum Thema „Kunst und Kultur in den Konzentrationslagern“. Übersetzungen bei Campus und Suhrkamp. Zahlreiche Lesungen im In- und Ausland. Auszeichnungen: Förderstipendium des Kultusministeriums NRW 1985. 2010 Politik und Kultur-Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats.

Ilse Weber
Seit sie 14 war, schrieb Ilse Herlinger jüdische und andere Kindermärchen, kleine Theaterstücke für Kinder und Gedichte, die sie auch vertonte. Sie wurden in deutschen, tschechischen, österreichischen und Schweizer Zeitungen und Zeitschriften, in Büchern und auch im Radio veröffentlicht. 1930 heiratete Ilse Willi Weber, und sie wohnten in Witkowitz/Ostrau. Neujahr 1931 wurde Hanus geboren und sein Bruder Tomäs im März 1934. Als das Leben dort für Juden immer schwerer wurde, zog die Familie 1939 nach Prag. Im Mai 1939 wurde Hanus Weber mit einem der vom Briten Nicholas Winton in Prag organisierten Kindertransporte nach England und von dort weiter nach Schweden verschickt, wo er von Freunden Ilse Webers als Pflegekind großgezogen wurde, und entkam so der Vernichtung. Am 6. Februar 1942 wurde die restliche Familie Weber von Prag in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort arbeitete Ilse als Krankenschwester in der Kinderkrankenstube.

Im Lager entstanden weitere Gedichte. Berühmt durch zahlreiche Interpretationen wurden das von ihr komponierte Schlaflied Wiegala und Ich wandre durch Theresienstadt. Dieses Gedicht hat Ilse Weber für ihren Sohn Hanus geschrieben, „den sie vor Ausbruch des Krieges in Prag in einen Zug gesetzt hatte, in der Hoffnung, ihn eines Tages wiederzusehen“.
Als die Kinderkrankenstube zur Deportation nach Auschwitz bestimmt wurde, meldete sich Ilse Weber freiwillig, um die kranken Kinder zu begleiten. Sie, ihr Sohn Tomäs („Tommy") und die anderen Kinder wurden gleich nach ihrer Ankunft am 6. Oktober 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Ein Häftling vom Leichenträgerkommando, der Ilse Weber von Theresienstadt her kannte, ging zu den Wartenden. Zitat: .„Stimmt es, dass wir duschen dürfen nach der Reise?’ fragte sie. Ich wollte nicht lügen und so antwortete ich: ,Nein, das hier ist kein Duschraum, es ist eine Gaskammer, und ich gebe dir jetzt einen Rat. Ich habe euch oft singen hören in der Krankenstube. Geh so schnell wie möglich in die Kammer. Setz dich mit den Kindern auf den Boden und fangt an zu singen. Sing was du immer mit ihnen gesungen hast. So atmet ihr das Gas schneller ein. Sonst werdet ihr von den andern zu Tode getreten, wenn Panik ausbricht.’ Ilses Reaktion war seltsam. Sie lachte irgendwie abwesend, umarmte eines der Kinder und sagte: .Also werden wir nicht duschen.