Rezension zu SYBILLE FRITSCH, ANDERES, GEEST-VERLAG 2025 von Franziska Bauer



ANDERES, Politische Lyrik
von Sybille Fritsch; Geest-Verlag 2025,
ISBN 978-3-69064-525-6

Buchbesprechung von Franziska Bauer


Gleich eingangs formuliert die schreibende Theologin und Philosophin Sybille Fritsch das Postulat, dass Lyrik das Bild eines ständigen Entwicklungsprozesses hin zu Frieden und Freiheit sein müsse, was bereits als eine Hinführung zur politischen Lyrik gelten kann. Die Autorin fragt sich, ob uns heutzutage grundlegende Werte, die sich über Worte transportieren, verloren gehen und ob wir Menschen durch den Verlust der Sprachbedeutung auch Moralität und Glauben verlieren.

Schon im Vorspann heißt es, dass das Buch „denen am Rande“gewidmet ist,

 
denen am Rande,
die ihre Fahne nicht in den Wind hängen
Gefährten und Gefährtinnen auf dem Weg ins Freie,
allen, die Recht nicht mit recht haben verwechseln
und Abwesenheit von Krieg nicht mir Frieden,
den Freunden und Freundinnen unter Mensch,Tier,
Baum und Stein.
Allem Fremden, das mich infrage stellt
und in Antworten treibt.

Die 110 Seiten des Lyrikbandes teilt die Autorin in drei Abschnitte: Flucht Heimat Recht Krieg (ab Seite 10), Klima mit Welt Revolution (ab Seite 34), und Frieden Krieg Verzeihn Shalom (ab Seite 54).

Diesen drei Abschnitten stellt sie auf Seite 9 eine wesentliche Aussage voran:

Die Wahrheit kehrt sich gegen sich,
wenn sie den Wandel Lügen straft.

Illusionslos beschreibt sie auf Seite 30 beispielsweise die nur allzu gängige Haltung Flüchtlingen gegenüber:

Europa will keine Flüchtlinge
schon gar nicht mir schwarzer Haut
Polen will herzlich gerne Flüchtlinge aus der Ukraine
aber bitte mit weißer Haut

Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt

Die Erde hört auf sich zu drehn
alle Zeit steht still: wieder Krieg in Europa
Was machen nur Zeit und Erde
während all der anderen Kriege …

Ebenso illusionslos und ziemlich ratlos nimmt die Autorin im Gedicht Großwetterlage auf Seite 52 zum Klimawandel Stellung:

Großwetterlage
will nicht weichen
Das Klima schwankt
von Dürre zu Flut
Mir fällt der Himmel auf
den Kopf: vor Nebel seh ich
keinen Horizont

In den „Vier Haiku über eine Neue Welt“ auf Seite 77 schildert die Autorin dann jedoch auch ihre hoffnungsvollen Wunschträume:

Ich träume immer
von einer Welt ohne Krieg -
wo alle lieben

Ich träume manchmal
von einer Welt ohne Not-
wo alle teilen

Ich träume heute
von einer Stadt voll Gesang-
wo alle lachen

Ich träume immer
von unserm Dorf voller Glück-
wo alle leben

Die politische Lyrik von Sybille Fritsch erzeugt tiefe Nachdenklichkeit, mahnt notwendige Lösungsansätze ein, schärft den Blick für Wesentliches und gibt dadurch auch Hoffnung auf bessere Zeiten. Meine absolute Leseempfehlung für diesen Gedichtband, den man sicher gerne mehr als einmal zur Hand nimmt.

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